Umsatzsteuer: Materialeinkauf im Ausland

Dieses Mal erklärt Steuerberater Marcel Nehlsen die Tücken beim Materialeinkauf innerhalb der EU und gibt einen kurzen Ausblick auf den internationalen Einkauf, beispielsweise in China oder den USA.

 

Kann eine Zahnarztpraxis problemlos im Ausland Waren beziehungsweise Materialien einkaufen?

Marcel Nehlsen Die Antwort ist kurz: ja. Es gibt zwar berufsrechtliche Vorschriften, wie Praxen ihre Materialien an Patienten weiterberechnen dürfen beziehungsweise müssen, aber ob diese Waren aus Deutschland oder dem Ausland kommen, ist irrelevant. Nachzulesen im Übrigen in einem sehr übersichtlich dargestellten Bericht von der KZBV und abrufbar.

Häufig benötigt die Praxis allerdings eine sogenannte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Dies ist neben der normalen Steuernummer eine weitere, welche Praxen beantragen können. Diese Steuernummer, kurz USt-ID, dient im internationalen Warenverkehr als Nachweis dafür, dass man ein registriertes Unternehmen ist. Bei der Bestellung wird die USt-ID oft abgefragt beziehungsweise ist zwingende Voraussetzung für eine Bestellung. Sollte die Praxis eine solche Nummer benötigen, dann am besten kurz dem Steuerberater Bescheid geben und er kümmert sich dann darum.

 

Gibt es Stolpersteine, auf die man beim Einkauf im Ausland achten sollte?

Nehlsen Ja, die gibt es. Wenn man bei der Bestellung innerhalb von Europa seine USt-ID angibt, dann wird der Lieferant die Ware ohne Mehrwertsteuer liefern, sozusagen „steuerfrei“. Weder die im Ausland geltend Mehrwertsteuer wird aufgeführt noch die inländische von 7 oder 19 Prozent. Das liegt daran, weil der im EU-Ausland ansässige Unternehmer eine sogenannte „innergemeinschaftliche Lieferung“ tätigt und diese ist regelmäßig steuerfrei. Hier liegt der erste Stolperstein, denn die Preise für die Waren sehen auf den ersten Blick verführerisch günstig aus.

Allerdings muss die Praxis dann in Deutschland einen sogenannten „innergemeinschaftlichen Erwerb“ versteuern und das bedeutet, auf den Netto-Warenpreis kommen nochmal sieben oder 19 Prozent Mehrwertsteuer on top. Das vermeintliche Schnäppchen wird dann schnell zur Kostenfalle.

 

Wie sieht dies beim Einkauf im Ausland außerhalb der EU aus?

Nehlsen Ähnlich, denn hier erhalte ich die Ware ebenfalls oft „steuerfrei“ geliefert. Dafür greift an der Landesgrenze das Zollsystem und die Praxis muss gegebenenfalls Einfuhrumsatzsteuer und die Zollgebühren abführen. In Summe wird dies wieder dazu führen, dass der vermeintlich günstige Einkauf unterm Strich nicht mehr günstig ist -abgesehen vom administrativen Aufwand der Abwicklung.

Die Besonderheiten hinsichtlich ausländischer Lieferungen gelten im Übrigen auch für Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Zum Beispiel, wenn eine Praxis ein externes Abrechnungsbüro in Österreich beschäftigt. Hier möchte ich auf die Thematik „Reverse Charge“ aus Teil I in der Oktober-Ausgabe des RZB verweisen.

 

Wird die rechtmäßige Abwicklung dieser Umsatzsteuer-Thematiken geprüft?

Nehlsen Neben einer klassischen Betriebsprüfung, kann auch eine Umsatzsteuersonderprüfung seitens des Finanzamtes durchgeführt werden. Diese Prüfung findet entweder statt, weil das Finanzamt Auffälligkeiten in den Meldungen an das Finanzamt entdeckt oder weil es eine Meldung von einem anderen Land erhält. Vor allem die europäischen Länder tauschen die Informationen zu den internationale Umsatzsteueridentifikationsnummern regelmäßig aus.

 

Können Sie unseren Lesern noch einmal eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte zur Umsatzsteuer in der Zahnarztpraxis geben?

Nehlsen Sehr gerne. Zunächst das Wichtigste: Keine Angst vor der Umsatzsteuer! Auch wenn es in Bezug auf das Eigenlabor einige Besonderheiten hinsichtlich der Umsatzsteuer gibt, so sollten sich Praxen nicht davor scheuen, ein Eigenlabor zu etablieren. Wichtig ist, dass in der Praxissoftware die richtigen Einstellungen vorgenommen werden, die Abrechnungen gegenüber den Patienten korrekt sind und die Praxis im regen Austausch mit Ihrem Steuerberater steht. Dann kann nichts schief gehen. Der Einkauf sollte in der Buchhaltung getrennt nach Praxismaterial und Labormaterial laufen. Auch hier ist eine Abstimmung mit dem Steuerberater sinnvoll.

Betreibt die Praxis kein klassisches Eigenlabort, kann es trotzdem umsatzsteuerliche Konsequenzen aufgrund von „Reverse Charge“ oder Chairside-Leistungen geben. Jede Praxis sollte daher regelmäßig einen Umsatzsteuer-Check-Up mit dem Steuerberater machen, um in keine Steuerfalle zu geraten. Vor dem Einkauf im Ausland bitte immer Kontakt mit dem Berater aufnehmen, damit die Schnäppchen aus dem Ausland nicht plötzlich teuer werden.

Das Interview führte Nicole Krzemien.

 

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