Ehrenamt mit Freude – Interview mit Obergutachterin Dr. Doris Kossak, Bonn

Dr. Doris Kossack ist seit 2016 Gutachterin für Zahnersatz und wurde zum Jahresbeginn 2023 zur Obergutachterin bestellt. Dem RZB berichtet sie über Erfahrungen mit der Niederlassung und ihre Arbeit als Gutachterin. 

Dr. Doris Kossack wurde 1966 in Köln geboren. Zunächst in geisteswissenschaftlichen Fächern immatrikuliert, beendete sie 1996 das Studium der Zahnmedizin in Bonn. Nach der Assistentenzeit arbeitete sie als Angestellte im Raum Köln und ließ sich dann 2000 in Bonn-Oberkassel in eigener Praxis nieder. Seit 2016 ist sie Gutachterin für Zahnersatz und wurde zum Jahresbeginn 2023 zur Obergutachterin bestellt. Dem RZB berichtet sie über Erfahrungen mit der Niederlassung und ihre Arbeit als Gutachterin.


Niederlassung mit Enthusiasmus

Nach einer Zeit als angestellte Zahnärztin habe ich mich im Jahr 2000 im Bonner Ortsteil Oberkassel niedergelassen. Ich habe mit viel Naivität nach dem Umbau des einstigen Postamtsgebäudes mein Praxisschild vor die Tür gehängt und auf Patienten gewartet. Wie bei einer Neugründung mit wenig Kenntnis von Betriebswirtschaft und viel Enthusiasmus zu erwarten, waren die ersten Jahre wirklich sehr hart. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich etabliert hatte.

Heute kann ich zufrieden sagen: Es läuft und macht Spaß. Ich bin nach einem längeren Prozess da angekommen, wo ich hinwollte. Leider wird man im Studium und in der Angestelltenzeit nicht optimal auf die Erfordernisse der Selbstständigkeit vorbereitet. Ich denke, da gibt es einigen Verbesserungsbedarf.

Jede Begutachtung eine kleine Fortbildung

Bei der Therapie komplexer Behandlungsfälle arbeite ich gerne mit spezialisierten Kolleginnen und Kollegen auf dem Gebiet der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der Kieferorthopädie und der Endodontie zusammen. Unter anderem deshalb haben mich standespolitisch aktive Kollegen aus der Umgebung 2015 angesprochen, ob ich bereit wäre, ab 2016 als Gutachterin tätig zu werden. 2022 habe ich darüber hinaus die Nachfolge von Dr. Dirk Beyer, der seit 2006 als ZE-Obergutachter tätig war, angetreten.

Zu den Anforderungen an alle Gutachterinnen und Gutachter gehören einmal jährlich zu erbringende Nachweise über fachspezifische Fortbildungen. Ich bin Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) sowie mehrerer Fachgesellschaften.

Ich kann sagen, dass ich die Arbeit als Gutachterin gerne mache. Es ist eine erfüllende ehrenamtliche Tätigkeit. Für mich ist jedes Gutachten wie eine kleine Fortbildung. In kurzer Zeit muss ein Behandlungsfall eingeschätzt und analysiert werden. Professionelle Distanz und Neutralität sind wichtig. Das Gutachtenwesen ist natürlich auch mit Bürokratie verbunden. Vor dem Bildschirm muss das Gutachten ausgearbeitet und begründet werden. Übrigens: Auch meine HKPs werden gelegentlich begutachtet. Da ist das System der Qualitätskontrolle wertfrei.

Gutes Praxisteam fördern

Ohne ein gut funktionierendes Praxisteam könnte ich nicht gutachterlich tätig sein. Für mich ist es eine Herzensangelegenheit, mit einem motivierten Team zu arbeiten Ich habe ein hochqualifiziertes Team von zahnmedizinischen Fachkräften wie ZMV, ZMF, ZMP und ZFA. Die halten mir den Rücken frei, wenn ich an manchen Tagen bis zu fünf Gutachtenfälle bearbeite.

Das hat sich auch bei der Digitalisierung ausgezahlt – ein ungeheurer Kraftakt für alle Zahnarztpraxen. Erst habe ich die Augen gerollt, als ich sah, was da auf uns zukommt. Ich habe eine äußerst engagierte Praxismanagerin, die sich da reingefuchst hat. Nach schwierigem Anlauf ist KIM für mich inzwischen ein echter Fortschritt, und ich bin KIM-Fan. Wir müssen uns jetzt nicht mehr darum kümmern, E-Mails zu verschlüsseln oder zu entschlüsseln. Aufgrund der gutachterlichen Tätigkeit erreichen uns täglich Röntgenbilder mit KIM. Vor der Einführung von KIM war das kompliziert.

Der HKP

Neben der Kenntnis der wissenschaftlichen Leitlinien ist der Überblick über BEMA und die ZE-Richtlinien Grundlage für die Erstellung eines HKP. Im optimalen Fall verfügen Zahnärztin, Zahnarzt und ZMV über ein fundiertes Wissen in diesen Bereich.

Die ZMV kann an der Verknüpfungsstelle zwischen Zahnarzt und KZV wichtige Dienste leisten. Mit ihr zusammen kann man den HKP vorab nach dem Vieraugenprinzip vor der Weiterleitung selbstkritisch überprüfen. Im Fall von weiteren Fragestellungen gibt es ein KZV-Prüfmodul, das allen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung steht. So kann sichergestellt werden, dass der HKP formal fehlerfrei ist.

Das Gutachten

Sollte die Krankenkasse nach Einreichung des HKP einen Gutachtenauftrag erteilen, erleichtert die unverzügliche Weiterleitung der Befundunterlagen (z. B. Röntgenbilder) durch die Zahnärztin oder den Zahnarzt an die gutachterliche Praxis die Bearbeitung. Wenn beim Begutachtungstermin alle Befundunterlagen vorliegen, schaffe ich es meist, das Gutachten noch am selben Tag zu erstellen und weiterzuleiten. Das entspricht meinem Verständnis von Kollegialität.

Beim Planungsgutachten geht es nicht darum, ob mir die Planung persönlich zusagt. Ich prüfe nur, ob die Planung unter Beachtung der Richtlinien vorgenommen wurde. Auf keinen Fall soll die Therapiefreiheit der Kolleginnen und Kollegen eingeschränkt werden.

Bei der Begutachtung wird grundsätzlich eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Im Ausnahmefall ist eine Begutachtung nach Aktenlage möglich. Der häufigste Grund dafür ist die eingeschränkte Mobilität einer wachsenden Zahl von Patienten. In diesem Fall benötige ich aussagekräftige Daten wie Röntgenbilder oder Modelle und freue mich über einen Fotostatus.

Beim Obergutachten und beim Mängelgutachten treffe ich oft auf Emotionen seitens der betroffenen Parteien. Da bewege ich mich im Spannungsfeld zwischen Zahnarzt und Patient. In den meisten Fällen gelingt es, Patienten und Behandler wieder zusammenzuführen. Als Gutachterin habe ich die Erfahrung gemacht, dass die behandelnden Kolleginnen und Kollegen wirklich engagiert sind und ihre Patienten mit großer Kompetenz und viel Herzblut behandeln.

Das Interview führte Dr. Uwe Neddermeyer, KZV Nordrhein

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