Ärger im Praxisteam: So lassen sich Konflikte zwischen Mitarbeitenden lösen

Unstimmigkeiten zwischen Mitarbeitenden sollten nicht ignoriert werden. Doch bei einer Konfliktlösung gibt es Einiges zu beachten.

Oft sind es kleine Zeichen, an denen sich Unstimmigkeiten im Praxisteam zeigen: Kollegen meiden Gespräche untereinander, Mitarbeitende werden allgemein wortkarg oder melden sich häufiger krank. Höchste Zeit für den Vorgesetzten, die Beobachtungen gegenüber bei den betroffenen Kollegen anzusprechen. „Wenn der Chef dicke Luft im Team wahrnimmt, dann tun es auch die Patienten“, berichtet Julia Wiese, Wirtschaftsmediatorin aus Hamburg. Ein Aussitzen oder Wegschauen ist daher keine Lösung. Doch bei der Konfliktlösung lauern einige Fallstricke.

Grundsätzlich sei das Ansprechen der persönlichen Beobachtungen schon ein guter Anfang, berichtet Julia Wiese: „Der Chef sendet damit den Mitarbeitenden das Signal, dass er hinsieht und helfen möchte.“. Die Mitarbeitenden sollten gefragt werden, ob sie ihre Unstimmigkeiten allein oder mit Unterstützung lösen wollen. Sollten die Beteiligten untereinander nach einer Lösung suchen wollen, sollte dafür ein Termin vereinbart werden, in dessen Folge sich der Chef nach dem Ausgang des gemeinsamen Gesprächs erkundigt, damit er sich gegebenenfalls überlegen kann, was er als nächstes unternimmt, wenn das gemeinsame Gespräch gescheitert ist.


Gespräche nicht durch voreilige Lösungsvorschläge abbrechen

Sollte der Vorgesetzte an der Problemlösung aktiv teilnehmen, muss er sich gut auf die Rolle als Moderator vorbereiten. Das fängt bereits bei der Terminfindung an. Das Gespräch sollte unter keinen Umständen zwischen Tür und Angel oder aufgrund eines Folgetermins unter Zeitdruck geführt werden. Im Gespräch selbst ist es wichtig, die Anliegen der Mitarbeitenden ernst zu nehmen. „Es geht fast nie um die Tasse, die von jemandem benutzt wird“, erklärt Julia Wiese, „dahinter verbergen sich meistens andere Ursachen.“ Außerdem sollten die Mitarbeitenden nicht unterbrochen werden, sondern in Ruhe nacheinander ihr Anliegen vortragen können. Zuletzt braucht es Geduld. „Das Gespräch sollte nicht durch einen Lösungsvorschlag vom Chef vorzeitig abgebrochen werden, weil die Zeit um ist“.

Hier zeigt sich auch der grundlegende Unterschied zwischen einer Mediation und einer Schlichtung. Während bei einer Schlichtung Lösungsvorschläge gemacht werden, ist das Ziel der Mediation, dass die Betroffenen selbst zu ihrer Lösung finden.

Vorgesetzte sollten sich auch fragen, ob sie sich überhaupt zutrauen, ihre Mitarbeitenden bei einer Mediation zu unterstützen. „Dass der Chef auch Vorgesetzter ist, macht seine Rolle als Mediator herausfordernd, weil ein Mediator stets unabhängig und allparteilich, also jeder Partei auf gleiche Art und Weise zugewandt, sein sollte“, berichtet Julia Wiese, „zudem ist er von dem Konflikt natürlich auch betroffen, was seine Ergebnisoffenheit beeinflussen kann, die ein weiterer Grundsatz der Mediation ist.“ Außerdem sei es nicht selten, dass sich im Verlauf des Gesprächs herausstelle, dass auch die Vorgesetzten Teil des Problems seien, erklärt Julia Wiese. Dem müssen sich die Vorgesetzten dann natürlich auch stellen.

Deshalb kann es sinnvoll sein, sich einen externen Mediator dazu zu holen, der das Gespräch moderiert. Mediatoren sind darin geschult, eine konstruktive Gesprächssituation herzustellen, Eskalation zu verhindern und jeden zu Wort kommen zu lassen. Bei einer Mediation soll jeder sagen, worum es ihm geht, damit auf dieser Grundlage eine gemeinsame Lösung erarbeitet werden kann.

Julia Wiese, Wirtschaftsmediatorin und Businesscoach aus Hamburg (www.beratungswiese.de)

Mediation nicht bis zur Eskalation aufschieben

Bei Unstimmigkeiten im Team gilt dasselbe wie beim Zahnarzt: Vorsorge schützt. Ein gutes Betriebsklima passiert nicht automatisch. Dazu braucht es etwa Gelegenheiten, um miteinander in den Austausch zu kommen. „Ein kleiner, aber effektiver Weg kann sein, bei Teammeetings am Ende noch Zeit ohne einen Tagesordnungspunkt einzuplanen, sodass die Mitarbeiter dieses freie Zeitfenster zum Austausch nutzen können.“ Dabei könne dann zum Beispiel der Mitarbeiter das Beisammensein nutzen und die benutzte Tasse ansprechen. So sei das Thema schnell aus der Welt geschafft und das Problem gelöst. Auch einmal ein gesamtes Meeting ohne festen Tagesordnungspunkt anzusetzen, sei eine gute Idee.

Zuletzt sind es natürlich auch gemeinsame Events wie Betriebsausflüge oder andere soziale Aktivitäten, die das Teamgefüge stärken. „Mitarbeitende nehmen allerdings sehr genau wahr, ob diese Veranstaltungen immer nur nach Arbeitsschluss oder auch einmal während der Arbeitszeit stattfinden“, so Julia Wiese. Wer gemeinsame Aktivitäten nur nach der Arbeitszeit plant, vermittelt schnell den Eindruck, das Teamgefüge habe nur eine geringe Priorität. Zudem schließt es gegebenenfalls auch Mitarbeitende aus, die aus familiären oder anderen Gründen nach der Arbeitszeit keinen Spielraum haben.

Grundsätzlich sollten Unstimmigkeiten im Team frühzeitig angegangen werden. „Ich vergleiche das gerne mit einem Besuch beim Zahnarzt. Auch ich werde oft erst dann kontaktiert, wenn es bereits richtig wehtut“, sagt Julia Wiese, „und je länger der Konflikt unbearbeitet bleibt, desto schwieriger wird die Konfliktbearbeitung“.

 

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