Wer war Dorothea Christiana Erxleben?

Im Frühjahr 1754 verabschiedete sich in Quedlinburg die 39-jährige Dorothea Erxleben geborene Leporin (1715 bis 1762) von ihrem Ehemann und ihren neun Kindern. Sie war auf dem Weg nach Halle zur Universität, um die Doktorwürde der medizinischen Fakultät zu erlangen. Mit dem akademischen Abschluss wollte sie ihren Ruf als gute Ärztin verteidigen. Sie war der Kurpfuscherei bezichtigt worden.

 

 

Deutschlands erste promovierte Ärztin

Von Kindheit an war sie von ihrem Vater, dem praktischen Arzt Christian Leporin, in die Heilkunde eingewiesen worden. Wie ihre Brüder hatte er sie unterrichtet und zu den Kranken mitgenommen. Wegen ihres außerordentlichen Geschicks ließ er sich sogar von ihr in seiner Praxis vertreten.

Um aber niedergelassene Ärztin zu sein, musste Dorothea studiert haben. Die Universitäten ließen damals Frauen zum Studium nicht zu. Dorothea wehrte sich zunächst mit der Schrift „Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studiren abhalten“ (1742) gegen die Vorurteile ihrer Zeit. Darin verwies sie die Gründe, die gegen das Frauenstudium vorgebracht wurden, ganz deutlich in das Reich der Vorurteile und Mythen.


Offizielle königliche Ausnahmegenehmigung

Sie begnügte sich aber nicht mit theoretischen Überlegungen, sondern setzte beim preußischen König Friedrich dem Großen durch, dass er 1741 die Universität Halle anwies, Dorothea zur Promotion zuzulassen. Die königliche Sondergenehmigung nahm sie allerdings erst 13 Jahre später in Anspruch, denn in der Zwischenzeit heiratete sie den Diakon Johann Christian Erxleben in Quedlinburg, einen Witwer mit fünf Kindern. Als „Frau Pastor“ und Mutter von insgesamt neun Kindern hätte der Traum, Ärztin zu sein, spätestens zu diesem Zeitpunkt für Dorothea zu Ende sein können. Aber sie praktizierte weiter, mit Erfolg – auch ohne Doktortitel.

Trotz ihres großen Haushalts erweiterte sie ihr medizinisches Wissen kontinuierlich. Ihre Heilerfolge erregten den Neid anderer Ärzte, sodass sie sich kurz nach der Geburt ihres vierten Kindes doch noch zur Promotion entschloss. Sie legte 1754 mit „Summa cum laude“ die Prüfung ab.


„Wer nicht warten kann, kann nicht heilen.“

Am 12. Juni 1754 wurde Dorothea Christiana Erxleben feierlich zum „Doktor der Arzeneygelahrtheit“ erklärt. In ihrer Doktorarbeit plädierte sie für „sanfte“ Medizin, die der Sicherheit der Patienten in der Behandlung höchste Priorität einräumt, und die Unterstützung der körpereigenen Abwehr. Außerdem kritisierte sie teure „Modemedikamente”. Sie war somit nicht nur die einzige Frau in der Ärzteschaft, sondern vertrat auch einen konträren Ansatz zum damaligen Medizintrend.

Dorothea Christiana Erxleben stellte den richtigen Zeitpunkt des Einsatzes der Medikamente, aber auch die richtige Dosierung in den Mittelpunkt ihrer ärztlichen Behandlungen.


Deutschlands erste „Frau Doktor”

Was heute selbstverständlich ist, musste sich Dorothea Christiana Erxleben im 18. Jahrhundert hart erkämpfen: die Promotion als Ärztin. Mit einer Sondergenehmigung des Königs wurde sie Deutschlands erste „Frau Doktor”. Sie gilt als Pionierin ihres Fachs und des Frauenstudiums im deutschen Sprachraum.

Ihr Leben veränderte sich dadurch kaum: Sie versorgte die Kinder, führte den Haushalt und behandelte Kranke. Zusätzlich war sie jetzt eine angesehene Ärztin. Doch lange währte ihr Glück leider nicht. Dorothea starb schon acht Jahre später. Sie wurde keine 47 Jahre alt. Ihre wichtigsten Lebensziele hatte sie zu diesem Zeitpunkt erreicht.

Nadja Ebner, KZV Nordrhein

 

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