Gezielt entsorgen - Aufbewahrungspflichten in der Zahnarztpraxis

Die in regelmäßigen Abständen – selbstverständlich unter Gewährleistung des Datenschutzes – vorgenommene Vernichtung nicht mehr aufbewahrungspflichtiger Unterlagen schafft Entlastung für Ihre Praxis. Die folgende Aufstellung soll Ihnen daher einen Überblick über die Aufbewahrungsfristen vermitteln und so die Dokumentenaufbewahrung erleichtern.



Längste Frist ist maßgeblich

Bitte legen Sie bei je nach Rechtsgrundlage verschieden langen Fristen immer die längste Frist zugrunde und berücksichtigen Sie außerdem, dass unabhängig von den nachgenannten Fristen bestimmte Ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche gemäß §§ 197, 199 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erst in 30 Jahren verjähren. Ferner sollten Unterlagen, die Gegenstand eines bereits anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens sind, nicht entsorgt werden, selbst wenn die Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist. D. h.die Aufbewahrungsfrist ist zu verlängern, wenn es nach zahnärztlicher Erfahrung geboten ist.

Bei Patientenunterlagen beginnt die Aufbewahrungsfrist grundsätzlich mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Behandlung abgerechnet wurde.

Nach § 630 f Abs. 3 BGB besteht die Pflicht, Patientenakten mindestens zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren. Diese Frist gilt insbesondere für zahnärztliche Aufzeichnungen oder sonstige Behandlungsunterlagen sowie diagnostische Unterlagen, wie z. B. ZE-Situations-/Planungs-modelle, differenziert nicht zwischen gesetzlich und privat versicherten Patienten und ist insbesondere für etwaige zivilrechtliche Streitigkeiten von hoher Relevanz.

Im Rahmen der Vereinheitlichung von BMV-Z und EKV-Z sind die bundesmantelvertraglichen Regelungen entsprechend angepasst und die Aufbewahrungspflicht in § 8 Abs. 3 Satz 3 des seit 1. Juli 2018 geltenden BMV-Z auf grundsätzlich zehn Jahre verlängert worden.

Die Aufbewahrungsfrist endet nicht mit der Praxisaufgabe.

Digitale Archivierung

Aufbewahrung in Papierform erfordert große Lagerkapazitäten und verpflichtet, die Lesbarkeit fortlaufend zu gewährleisten (geeignete Klimatisierung der Lagerräume).

Die digitale Archivierung von Patientendaten auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien ist nach § 630 f Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich zulässig. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Daten innerhalb der Aufbewahrungsfrist, die im Übrigen der für die Originalunterlagen geltenden Frist entspricht, verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Zeit lesbar gemacht werden können (vgl. §§ 8 Abs. 3 Satz 4 BMV-Z, 127 Abs.1 Ziff. 1 StrlSchV). Falls die Unterlagen verschlüsselt vorliegen, weil sie beispielsweise personenbezogene Daten enthalten, müssen Verschlüsselungen regelmäßig aktualisiert werden.

Das Ergebnis lesbar gemachter Daten muss mit den Originalaufzeichnungen bildlich oder inhaltlich übereinstimmen (vgl. § 127 Abs. 1 Ziff. 2 StrlSchV). Dies ist nach derzeitiger Einschätzung der KZV Nordrhein nur dann gewährleistet, wenn die digitalisierten Unterlagen zusätzlich mit einer digitalen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen worden sind. Unter diesen Voraussetzungen wäre auch gegen eine Archivierung von Modellen über einen 3D-Scanner mit einem Programm, das bei Bedarf die Modelle originalgetreu als Kunststoffmodell reproduziert, nichts einzuwenden.

Bei der Aufbewahrung personenbezogener Patientendaten auf elektronischen Datenträgern ist außerdem durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass der Urheber sowie Entstehungsort und -zeitpunkt eindeutig erkennbar sind (vgl. § 127 Abs. 2 Ziff. 1 StrlSchV), nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen als solche erkennbar sind (vgl. §§ 630 f Abs. 1 Satz 2 BGB, 127 Abs. 2 Ziff. 2 StrlSchV) und mit Angaben zu Urheber und Zeitpunkt der nachträglichen Änderungen oder Ergänzungen aufbewahrt werden und dass während der Dauer der Aufbewahrung die Verknüpfung der personenbezogenen Patientendaten mit dem erhobenen Befund, mit Daten, die einen Bilderzeugungsprozess beschreiben, den Bilddaten und den sonstigen Aufzeichnungen jederzeit hergestellt werden kann (vgl. § 127 Abs. 2 Ziff. 3 StrlSchV).

Für gerichtliche Verfahren ist zu beachten, dass elektronische Dokumente nicht immer als beweissichere Dokumentation akzeptiert werden und dann der freien Beweiswürdigung durch den Richter unterliegen. Darin ist ein gewisses Prozessrisiko zu sehen, das vor einer Vernichtung von Originalunterlagen bedacht werden sollte.

Dokumentation über die Behandlung

Art der Unterlagen

Aufbewahrungsfrist

Rechtsgrundlage

Aufzeichnungen über zahnärztliche Behandlungen einschließlich KFO
(z. B. Patientendaten, Patientenaufklärungsbögen, Anamnesen, Befunderhebungen, Einwilligungen, Arztbriefe)

diagnostische Unterlagen wie Fotos, HNO-Befund bei KFO-Maßnahmen, PAR-Modelle, KFO-Anfangs-/-Endmodelle und ZE-Situations-/Planungsmodelle,

Heil- und Kostenpläne ZE, KG/KB-Behandlungspläne, PAR-Status, KFO-Behandlungspläne, Materialbelege bei KG-KB-, KFO- und ZE-Abrechnungen

10 Jahre nach Abschluss des Jahres, in dem die Behandlung abgerechnet wurde, soweit nicht andere Vorschriften eine abweichende Aufbewahrungszeit vorschreiben

Keine zahnärztliche Aufbewahrungspflicht für Duplikationsmodelle, Arbeitsmodelle und Modelle des Zahntechnikers (wie Säge- oder Stumpfmodelle)

Mit Einführung der papierlosen Abrechnung zum 01.01.2012 verbleiben die Originalpläne für ZE, KG/KB und PAR in der Praxis

im Verhältnis zur KZV:

§ 8 Abs. 3 Satz 3 BMV-Z

im Verhältnis zum Patienten:

§ 630 f Abs. 3 BGB

Aufzeichnungen über Röntgenbehandlungen

30 Jahre

§ 85 Abs. 2 StrlSchG

Röntgenaufnahmen und Aufzeichnungen
über Röntgenuntersuchungen

bei Personen ab 18 Jahren

bei Personen unter 18 Jahren

10 Jahre nach der letzten Untersuchung

bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres

§ 85 Abs. 2 StrlSchG

§ 85 Abs. 2 StrlSchG

SONSTIGE UNTERLAGEN

Art der Unterlagen

Aufbewahrungsfrist

Rechtsgrundlage

Gutachten-Unterlagen

Empfehlung: 10 Jahre

Keine Regelung

Überweisungen

10 Jahre

§ 8 Abs. 3 Satz 3 BMV-Z

§ 630 f Abs. 3 BGB

Original-Anspruchsberechtigungsscheine
Bundeswehr, Bundespolizei, Landespolizei

10 Jahre

§ 8 Abs. 3 Satz 3 BMV‑Z analog

Anamnesebögen

10 Jahre

§ 630 f Abs. 3 BGB

Kostenvoranschläge und
Mehrkostenvereinbarungen

10 Jahre

§ 630 f Abs. 3 BGB

Konformitätserklärung
nach 
Medizinproduktegesetz

mindestens 5 Jahre, 
bei implantierbaren Produkten mindestens 15 Jahre

§ 12 Abs. 2 MPG, Anhang VIII Nr. 3.2 zur EG-Richtlinie Medizinprodukte 93/42 EWG

Durchschriften von
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

mindestens 12 Monate vom Tag der Ausstellung an

Anlage 14b BMV-Z

Muster 80/81
Auslandsabkommen

2 Jahre

Merkblatt zur vertragszahnärztlichen Versorgung von im Ausland versicherten Personen

Unterlagen zu Corona-PoC-Antigentests

bis zum 31.12.2024

§ 7 Abs. 5 Coronavirus-Testverordnung

STEUERLICHE ASPEKTE

Art der Unterlagen

Aufbewahrungsfrist

Rechtsgrundlage

Abrechnungsunterlagen KZV

Empfehlung: 6 Jahre

vgl. § 147 Abgabenordnung (AO)

Patientenrechnungen

10 Jahre

Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung erstellt wurde

§ 147 AO

Eigenlaborbelege/Laborrechnungen

10 Jahre

§ 147 AO

Laborauftragszettel

Empfehlung: Vernichtung nach Rechnungsstellung und vollständiger Bezahlung

Keine Regelung

Bilanzen, Jahresabschlüsse, Bücher, Buchungsbelege,
Rechnungen, Inventare, Personalunterlagen

 

Mietverträge, Schriftwechsel

10 Jahre

Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Bilanz aufgestellt wurde

6 Jahre

§ 147 AO

 

Aufbewahrungsfristen_Update Juni 2021.pdf

Vertragsabteilung der KZV Nordrhein

 
 

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