In Abhängigkeit von der Höhe der tätigkeitsbedingten Infektionsgefährdung werden in den TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ für den Bereich der Zahnarztpraxen folgende drei Schutzstufen unterschieden:
Schutzstufe 1
Hierzu zählen die Tätigkeiten, bei denen kein Umgang oder nur sehr selten ein geringfügiger Kontakt mit potenziell infektiösem Material wie Körperflüssigkeiten, -ausscheidungen oder -gewebe und keine offensichtliche sonstige Ansteckungsgefahr besteht. Hierunter fallen der Patientenkontakt an der Rezeption, Verwaltungstätigkeiten im Backoffice sowie Reinigungsarbeiten an nichtkontaminierten Flächen.
Schutzstufe 2
Hierzu zählen jene Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig und nicht nur in geringfügigem Umfang zum Kontakt mit potenziell infektiösem Material wie Körperflüssigkeiten, -ausscheidungen oder -gewebe kommen kann, und wenn eine offensichtliche sonstige Ansteckungsgefahr, etwa durch eine luftübertragene Infektion oder durch Stich- und Schnittverletzungen besteht. Hierunter fallen generell die zahnärztlichen Behandlungen.
Schutzstufe 3 (hierunter fallen Verdachtsfälle auf COVID-19 und bestätigte COVID-19-Patienten)
Diese Schutzstufe wird über die infektiösen Eigenschaften des biologischen Arbeitsstoffes definiert. Zur Schutzstufe 3 zählen Tätigkeiten, bei denen es durch Aerosolbildung, Spritzer oder Verletzungen zu einer Übertragung von biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 kommen kann.
Die verbindlichen Einstufungen von biologischen Arbeitsstoffen in Risikogruppen sind den TRBA 460 für Pilze, 462 für Viren, 464 für Parasiten und 466 für Bakterien zu entnehmen.
Im Atemwegssekret möglicherweise enthaltene Infektionserreger, z.B. saisonale Influenza-Viren, Corynebacterium diphtheriae, Streptococcus pyogenes oder Haemophilus spp. sind Beispiele für Infektionserreger der Risikogruppe 2.
Mycobacterium tuberculosis-Komplex sowie Coronaviren SARS-CoV sind möglicherweise im Atemwegssekret enthaltene Infektionserreger, die der Risikogruppe 3 zuzuordnen sind.
Behandlungen von Covid-19-Patienten sind somit der Schutzstufe 3 zuzuordnen. Dies gilt nicht nur für bestätigte COVID-19-Fälle, sondern auch, wenn ein entsprechender Verdacht besteht: Wenn sowohl Erkältungssymptome vorliegen als auch die Patienten entweder in den letzten 14 Tagen in einem betroffenen Risikogebiet waren oder Kontakt mit einer infizierten Person hatten. (Auch wenn das RKI zur Einschätzung der Notwendigkeit eines Abstriches auf die Reiseanamnese inzwischen verzichtet, kann diese helfen, um einen Verdacht auf COVID-19 zu begründen.)
Schutzmaßnahmen bei Verdachtsfällen auf COVID-19 und bestätigten COVID-19-Patienten
Neben den im aktuellen Rahmenhygieneplan der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und des Deutschen Arbeitskreises für Hygiene in der Zahnmedizin (DAHZ) niedergelegten Maßnahmen der Basishygiene sind weitere Schutzmaßnahmen gemäß TRBA 250 einzuhalten.
Tätigkeiten der Schutzstufe 3 dürfen nur fachkundigen, anhand von entsprechenden Arbeitsanweisungen eingewiesenen und geschulten Beschäftigten übertragen werden. Deshalb dürfen Auszubildende keine Tätigkeiten bei Verdacht auf COVID- 19 und bestätigten COVID-19-Patienten durchführen.
Die Zahl der Beschäftigten, die Tätigkeiten der Schutzstufe 3 ausüben, ist auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken (Die Notwendigkeit eines sogenannten „Springers“ sollte je nach Behandlung überprüft werden.). Bereiche, in denen Tätigkeiten der Schutzstufe 3 stattfinden, sind von den übrigen Arbeitsbereichen zu trennen.
Der Einsatz besonderer Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) ist notwendig. Bei der Behandlung eines COVID-19 Patienten ebenso wie bei der Behandlung eines Patienten mit offener Lungentuberkulose während der infektiösen Phase, ist neben einem langärmeligen, flüssigkeitsdichten Kittel das Tragen von Atemschutz mindestens der Klasse FFP2 erforderlich. Beachten Sie bitte die Vorgaben des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) „Standardvorgehensweise für Zahnarztpraxen zur Behandlung von SARS-CoV-2-Patientinnen und -Patienten“.
Allgemeine Schutzmaßnahmen während der Pandemie
Im Rahmen der jetzigen pandemischen Situation sollte die bisherige Gefährdungsbeurteilung für die einzelnen Arbeitsplätze innerhalb der zahnärztlichen Praxis überprüft werden. Auch bei symptomlosen Patienten, die in der Kontaktanamnese angegeben haben, dass Sie bisher keinen Kontakt zu COVID19-Fällen hatten, können im Rahmen des aktuellen Ausbruchsgeschehens über die Basishygiene hinausgehende Maßnahmen empfohlen werden.
So sollte während des aktuellen Ausbruchs bei allen Patientenkontakten mindestens Mund-Nase-Schutz (MNS) getragen werden. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist auf der Grundlage des Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung auszuwählen. Der Einsatz belastender PSA, z.B. einer FFP3-Maske, ist auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken und darf keine Dauermaßnahme sein.
Achten Sie auf ausreichenden Abstand (mindestens 1,5 m) zwischen den einzelnen Patienten und dem Empfang. Manche Praxen entscheiden sich zusätzlich dafür Kontaktschutz („Spuckschutz“) auf ihrer Anmeldung zum Schutz ihrer Mitarbeiter/-innen anbringen zu lassen, ähnlich dem, wie Sie ihn aus den Supermärkten kennen. Entsprechende Trennwände werden als Fertig-Segmente von Dental-Depots angeboten oder in kurzer Zeit z.B. von Messebau-Betrieben individuell angefertigt.
Ein vermehrtes Lüften der Praxisräumlichkeiten (Empfehlung: stündlich) kann die Aerosolbelastung reduzieren.
Reduzieren Sie den Personaleinsatz in Ihrer Praxis. So schonen Sie Ressourcen und minimieren das Risiko für Ihre Mitarbeiter. Einige Praxen, in denen mehrere behandelnde Zahnärzte und Zahnärztinnen tätig sind, bilden unabhängige Teams, die im Schichtsystem behandeln. Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit des Komplettausfalls der Praxis im Falle eines Kontaktes mit SARS-CoV-2-Patienten.
Praxisbekleidung
Ein häufigerer Wechsel der textilen Praxisbekleidung (mindestens täglich, bzw. sofort nach der Behandlung, wenn die Arbeitskleidung in Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Aerosolen gekommen ist) kann während des aktuellen Ausbruchsgeschehens empfohlen werden. Grundsätzlich sollte bei aerosolbildenden und spritzenden Tätigkeiten ein zusätzlicher (einfacherer) Schutz, z.B. Einmalkittel oder notfalls Einmalschürzen (gibt es auch von der Rolle), die man üblicherweise zur Abdeckung der Patienten verwendet, getragen werden.
Zum Abschluss nochmals der Hinweis: Während der zahnärztlichen Behandlung kann die Infektionsgefahr durch Aerosole mit Erregern aus dem Atemwegssekret insbesondere durch den Einsatz entsprechender Absaugtechnik minimiert und durch Kofferdam nahezu ausgeschlossen werden.
Dr. Ralf Hausweiler, Präsident ZÄK Nordrhein
Dr. Thomas Heil, Vizepräsident ZÄK Nordrhein
Dr. Thomas Hennig, Wissenschaftlicher Dienst ZÄK Nordrhein
Dr. Frank Müller, Vorstandsmitglied DAHZ
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