Trends beim Thema Sicherstellung (1):
Was es zu beachten gilt

Auch wenn in den Medien immer wieder von fehlenden oder überlaufenen Praxen die Rede ist, betrifft das die zahnmedizinische Versorgung in Nordrhein in der Regel nicht. Derzeit sind von Kleve über Gummersbach bis in die Eifel laut Bedarfsplanung ausreichend Praxen vorhanden, um alle Patientinnen und Patienten versorgen zu können. Dennoch gibt es jetzt schon absehbare Entwicklungen, die in Nordrhein engmaschig beobachtet werden. In einer neuen Reihe beleuchten wir die Gründe und mögliche Maßnahmen.

Erstellt: 06.10.2025

Aktualisiert: 14.10.2025

Blick in ein zahnärztliches Behandlungszimmer: Symbol für zahnärztliche Sicherstellung
© bephoto – stock.adobe.com

In der Bevölkerung allgemein und auch in der Zahnmedizin im Besonderen gibt es Entwicklungen, die das Bild der Versorgung verändern werden. Die Entwicklungen in der Bevölkerung sind unter anderem der demografische Wandel und die Urbanisierung.

Die Menschen werden immer älter

Das Durchschnittsalter der Menschen in Deutschland steigt. Die Bundeszentrale für politische Bildung – kurz bpb – schreibt zu dem Thema folgendes: „Die Lebenserwartung der Menschen steigt seit Jahrzehnten, was vor allem eine Folge ökonomischer, sozialer und medizinischer Fortschritte ist.“ Weiter heißt es auf der Website der bpb: „Während im Jahr 1990 nur 15 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre oder älter waren, sind es im Jahr 2020 bereits 22 Prozent und im Jahr 2040 werden es voraussichtlich knapp 30 Prozent sein.“

Doch den demografischen Wandel prägt nicht nur das steigende Alter, sondern auch die geringere Kinderrate von 1,4 Kindern pro Frau im Vergleich zu vielen anderen Ländern. Auch durch die sogenannten Baby-Bommer-Jahrgänge, also Menschen, die Mitte der 1950er- bis Ende der 1960er-Jahre geboren wurden, rückt das Durchschnittsalter auf der Skala immer weiter nach hinten.

Mit diesen drei Faktoren (Menschen werden älter, weniger junge Menschen und Baby-Boomer-Generation) verändert sich nicht nur der Patientenstamm, sondern auch das Personal in den Praxen. Es gibt insgesamt weniger Menschen, die immer mehr ältere Menschen versorgen müssen. Auch der Fachkräftemangel ist unter anderem ein Ergebnis des demografischen Wandels.

Und ganz wichtig in Bezug auf das Thema Sicherstellung – eine der Kernaufgaben der KZVen – ist, dass nun die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter kommen. Das heißt, Praxen suchen Nachfolgerinnen und Nachfolger und – das nicht nur in Köln und Düsseldorf. Das bringt uns zum nächsten Punkt.

Alle wollen in die Stadt

Auch die Verlagerung des Lebens vom Land in die Stadt findet immer weiter statt. Die sogenannte Urbanisierung führt zum Rückgang der Einwohnerinnen und Einwohner auf dem Land. Die Jüngeren ziehen in die Städte und die Älteren bleiben auf dem Land. Das ist einer von verschiedenen komplexen Gründen dafür, dass auch die Bäckerei, der Supermarkt und eben die (Zahn-)Arztpraxis nicht mehr auf dem Land sein wollen oder können.

Und hier beißt sich die Katze ein wenig in den Schwanz: Gibt es keinerlei Versorgung mehr auf dem Land, tendieren die Menschen noch stärker dazu, in die Stadt zu ziehen. Gibt es immer weniger Menschen auf dem Land, gibt es auch immer weniger Geschäfte und Dienstleistungen.

Dennoch müssen die KZVen auch in weniger besiedelten Gebieten eine ausreichende zahnmedizinische Versorgung sicherstellen. Wie bereits oben beschrieben, gibt es derzeit noch keinen Handlungsbedarf in Nordrhein. Aber einige weitere Entwicklungen in der Zahnmedizin können diesen Zustand schnell verändern.

Entwicklungen in der Zahnmedizin

In der Zahnmedizin gibt es drei wichtige Entwicklungen, die die Praxislandschaft verändern wird: Feminisierung der Zahnmedizin, der Trend zur Anstellung und die Änderung der Praxisformen.

Feminisierung der Zahnmedizin

Zur Feminisierung beschreibt Statista: „Im Wintersemester 2023/2024 waren in Deutschland insgesamt 15.658 Studierende im Fach Zahnmedizin eingeschrieben, davon waren rund zwei Drittel weiblich.“ Das heißt, dass in ein paar Jahren voraussichtlich mehr Frauen als Männer in den Zahnarztpraxen arbeiten. Da Frauen – oft aufgrund von Familienverpflichtungen – zunächst den Weg in die Anstellung gehen und in Teilzeit arbeiten, benötigt man mehr Zahnmedizinerinnen und -mediziner, um den gleichen Versorgungsgrad aufrechtzuerhalten. Da aber die Patientinnen und Patienten immer älter werden und mit steigendem Alter oft die Komplexität der Behandlung steigt, werden eher noch mehr Menschen in der Versorgung benötigt.

Trend zur Anstellung

Der Trend zur Anstellung ist ebenfalls deutlich erkennbar. Die KZBV hat in ihrem Jahrbuch 2024 Zahlen dazu veröffentlicht. Demnach lag die Zahl der Zahnmedizinerinnen und -mediziner 2023 bei 62.869, davon waren 18.817 angestellt tätig. In Nordrhein lagen die Zahlen 2023 bei 4.893 Vertragszahnärzten und 2.682 Angestellten, also insgesamt 7.575 Zahnmedizinerinnen und -medizinern. Das macht bundesweit 29,9 Prozent, in Nordrhein sogar 35,4 Prozent. Verglichen mit 2013, also 10 Jahre zuvor, waren in ganz Deutschland insgesamt von 61.128 Zahnärztinnen und -ärzten 7.864 Angestellte – also lediglich 12,8 Prozent. Und dieser Trend setzt sich derzeit weiter fort.

Auch der heutige durchschnittliche Tätigkeitsumfang von Zahnärztinnen und Zahnärzten wird infolge eines steigenden Anteils angestellter Zahnärztinnen und Zahnärzte künftig deutlich sinken. Daher werden in Zukunft mehr „Köpfe“ benötigt, um das aktuelle Versorgungsniveau aufrechterhalten zu können.

Änderung der Praxisformen

Das ist einer der Gründe, warum sich auch die Praxisformen ändern. Der Einzelkämpfer, der allein in seiner Praxis die Versorgung der Patientinnen und Patienten sichert, wird immer seltener. Es lässt sich beobachten, dass die durchschnittliche Größe der Praxen zunimmt und sich die Standorte stärker konzentrieren. Dennoch bleibt die inhabergeführte Einzelpraxis die häufigste und wichtigste Praxisform.

Die KZBV schreibt zur Einzelpraxis: „Mit 31.273 Praxen hat sie nicht nur einen Anteil von rund 80 Prozent an den 39.114 Praxen aller Praxisformen. Von insgesamt 17.514 (Anm. d. Red. Zahlen aus 2022) angestellten Zahnärztinnen und Zahnärzten arbeiten 9.230 und damit mehr als die Hälfte in einer Einzelpraxis. Sie sind ein Beleg dafür, dass die Einzelpraxis ein attraktiver Arbeitgeber und gerade nicht Ausdruck einer ‚Ein-Behandler-Praxis‘ ist.“

Aber egal ob angestellt in einem MVZ, einer Gemeinschaftspraxis oder einer Einzelpraxis: Durch die stärkere Verdichtung auf einzelne Praxen, sinkt die Zahl der Praxen kontinuierlich. Von bundesweit 43.864 waren es in 2023 nur noch 38.282 Praxen und MVZ. Machten MVZ 2023 nur etwa 0,1 Prozent davon aus, waren es 2023 schon 3,9 Prozent.

Blick in die Zukunft

Aufgrund der zu beobachteten Trends ist der Blick in die Zukunft nicht ganz so wie der Blick in einer Glaskugel. Die Zahlen und Fakten lassen zuverlässige Prognosen zu, die die KZV Nordrhein anhand von Zahlen als Modellrechnungen aufstellt.

Im nächsten Teil stellen wir Ihnen vor, was andere KZVen bereits unternehmen, um möglichen Versorgungsengpässen in ihren Gebieten entgegenzuwirken.

Marscha Edmonds, KZV Nordrhein

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