
Barrieren abbauen
Die freie (Zahn-)Arztwahl ist ein hohes Gut. Immer mehr Menschen können sich jedoch die Praxis ihres Vertrauens nicht aussuchen. Der Kreis derer, die hier auf Hilfe angewiesen sind, ist groß und umfasst Menschen mit Behinderungen aller Art ebenso wie Eltern mit Kinderwagen und ältere Menschen.
Jeder Mensch – ob mit oder ohne Behinderung – hat die Möglichkeit, selbstbestimmt und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, so der Leitgedanke der Inklusion. Mehr als zehn Millionen Bundesbürger leben mit Behinderung, etwa 7,5 Millionen sind schwerbehindert. Der betroffene Personenkreis wird durch die Überalterung der Gesellschaft in den nächsten Jahren wahrscheinlich größer. Deshalb ist es umso wichtiger, sich über Barrierearmut in Einrichtungen des täglichen Lebens Gedanken zu machen.
Auch Zahnärztinnen und Zahnärzte können oft mit einfachen Mitteln vieles für diese Menschen erleichtern. Denn die Anforderungen umfassen eben nicht nur die Beseitigung von Barrieren, die sichtbar oder auffällig sind. Es geht auch um Verhaltensregeln wie etwa das namentliche Vorstellen bei der Begrüßung, das deutliche Sprechen und Erklären eines Befundes oder das Anbieten von leicht lesbaren und verständlichen Informationen. Manchmal erzielt man schon mit kleinen Veränderungen deutliche Verbesserungen.
Beim Nachdenken über Barrierefreiheit wird deutlich: Wer sich im Praxisablauf auf spezielle Anforderungen und Bedürfnisse der zu Behandelnden einstellt, kann nur gewinnen. Denn letztlich verfolgt jedes zahnärztliche Team das gleiche Ziel: Alle Patienten so gut wie möglich medizinisch zu versorgen.
Wie Barrieren aufbauen?
Häufig sind es schon kleine Veränderungen, die Menschen mit Behinderung den Weg in die zahnärztliche Praxis erleichtern. Davon profitieren auch alle anderen Patientinnen und Patienten. Hier einige Anregungen, wie Sie Ihre Praxis relativ einfach besser auf spezielle Bedürfnisse ausrichten können:
Praxis | Sanitärbereich | Umgebung | Service | Website |
Hausnummer, Praxisschild und Klingel gut sichtbar? | Sanitärbereich schnell zu finden? | Behindertenparkplätze? | Bewusst deutlich sprechen | Wichtige Informationen prominent platzieren |
Öffnet sich die Eingangstür leicht? | Wie viel Bewegungsfreiheit bietet das Patienten-WC? | Weg vom Parkplatz zur Praxis ausgeschildert? | Einfache Sätze bilden | Erreichbarkeit für Rückfragen zu Barrieren nennen |
Türen auch für Rollstühle breit genug (mindestens 80 Zentimeter)? |
Erreichen Rollstuhlfahrer/kleinwüchsige Menschen Waschbecken und Papiertücher? | Weg eben, gut begeh-/befahrbar und beleuchtet? | Fachbegriffe, Befunde und Medikationen erläutern | Abwesenheiten angeben und Vertretung benennen |
Stolperfallen? |
Tür im Notfall von außen öffnen? | Stellen, in denen sich Pfützen bilden? |
Handlungen erklären |
Online-Terminvereinbarungen ergänzend anbieten |
Eingang und Flur hell beleuchtet |
Beleuchtung hell genug? | Wie lassen sich solche Barrieren ausräumen? | Gelegenheit geben, um Fragen zu stellen | Klar und nachvollziehbar strukturieren |
Sitzmöglichkeiten? | Eile vermeiden | Leicht verständliche Texte, Bilder und Buttons beschreiben | ||
Garderobe für Rollstuhlfahrer erreichbar? |
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geduldig sein |
Gut leserliche Schriftarten und -größen |
Gibt es Stock-/Krückenhalter? | Nach Hilfebedarf fragen |
Hohe Farbkontraste |
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Handeln und Wartezeiten erklären |
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Gründe für Handeln erklären | ||||
Namentlich vorstellen |
Virtueller Rundgang durch eine barrierearme Zahnarztpraxis
In drei virtuellen Rundgängen sehen Sie eine Musterpraxis aus der Perspektive eines Menschen mit einer Mobilitätsbeeinträchtigung, einer Hörbeeinträchtigung oder einer Sehbeeinträchtigung. In den drei KZBV-Videos kann man sich durch eine Zahnarztpraxis bewegen. Schritt für Schritt stößt man dabei auf mögliche Barrieren. Bei jeder Barriere werden Möglichkeiten aufgezeigt, diese zu beseitigen: https://www.kzbv.de/virtueller-rundgang.866.de.html
Die Bundesregierung hat 2011 einen „Nationalen Aktionsplan“ aufgestellt. Auch für niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten sind darin konkrete Maßnahmen genannt – zum Beispiel die Beseitigung baulicher und kommunikativer Barrieren. Der Aktionsplan ist kein abgeschlossenes Dokument, sondern wird weiterentwickelt – Stichwort: „Nationaler Aktionsplan 2.0“. Weitere Infos unter: www.gemeinsam-einfach-machen.de
Nadja Ebner, KZV Nordrhein
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