Seit der Niederlassung für die Kollegen im Einsatz – Dr. Franca Hüttebräucker

Engagement in der Regionalinitiative und im DZV: Dr. Franca Hüttebräucker sprach Mitte August 2024 mit Dr. Uwe Neddermeyer über Niederlassung, Selbständigkeit, Ehrenämter und Feminisierung der Zahnmedizin.

 

 

 

 

Nach dem Studium der Zahnmedizin von 2000 bis 2007 in Frankfurt und Köln und promovierte sie 2010 in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. 2010 übernahm sie mit ihrem Mann Marc eine Praxis in Bergisch Gladbach. Seitdem engagiert sie sich in der Arbeitsgemeinschaft Zahnheilkunde Bergisch Gladbach (AZGL) und im Deutschen Zahnärzteverband (DZV). 

 

Zur Niederlassung

Ich habe mich unmittelbar nach meiner Assistenzzeit niedergelassen, gemeinsam mit meinem Mann. Er hatte bereits drei Jahre Berufserfahrung als Stationsarzt an der Universität zu Köln. Die Praxis haben wir uns bereits während meiner Assistenzzeit angeschaut. Wir hatten Glück, dass man uns zufällig genau auf eine Praxis nach unseren Vorstellungen hingewiesen hat. Nachdem wir uns einige andere Praxen angeschaut hatten, haben wir dann auch nach einem Dreivierteljahr zugesagt. Die Frau unseres Vorgängers war in der Praxis tätig und hat dann noch zehn Jahre bei uns als ZMV gearbeitet. Sehr geholfen hat – glaube ich –, dass beiden der Gedanke gefallen hat: „Die übernehmen auch unsere Patienten!“

Besser laufen kann es natürlich irgendwo immer. Wir haben uns bei den Verhandlungen und Vorbereitungen wohl aus einer Art „Sparfuchsmentalität“ sehr wenig Hilfe geholt und die Praxis sogar in einer Aktion zwischen Weihnachten und Neujahr selbst renoviert und gestrichen. Mittlerweile weiß ich, wo man sich Hilfe holen kann, und gebe das auch gerne an junge Kolleginnen und Kollegen weiter.

 

Selbstständig mit Kindern

Nach zwei Jahren kam unser erster Sohn zur Welt, der zweite dann wieder zwei Jahre später. In meiner Schwangerschaft habe ich eigentlich die ganze Zeit gearbeitet. Man darf das ja als Selbstständige, trägt das Risiko selber. Nach der Geburt habe ich jeweils nur wenige Monate Pause gemacht. Das ging deshalb sehr gut, weil mein Mann dann zuhause sein konnte, wenn ich in der Praxis war. Die Sorge, die Kinder zu früh abzugeben, brauchte ich also nicht zu haben. Die Zeit war nicht nur für mich eine totale Bereicherung, sondern auch für ihn. Es war natürlich für beide auch anstrengend, aber das bleibt mit Kindern wohl niemals aus.

 

Dr. Franca Hüttebräucker

 

Frauen in Selbstständigkeit

Als Selbstständige hat man viel mehr Gestaltungsspielraum und auch den Luxus zu entscheiden, wann arbeite ich, wie arbeite ich, wie setzte ich mein Team zusammen, was machen wir als Schwerpunkt, wollen wir überhaupt Schwerpunkte setzen? Wenn Frauen in die Selbstständigkeit gehen wollen, bekommen sie dennoch oft skeptische Reaktionen zu hören, wie: „Meinst Du, Du schaffst das?“ Wenn ein Mann das sagt, würde keiner so negativ reagieren und man eher sagen: „Das finde ich gut“. Ich glaube, auch deshalb macht sich manche Frau nicht selbstständig. Die Probleme mit der Bürokratie, bei der Suche nach geeigneten ZFA beispielsweise, sind aber für Männer und Frauen gleich. Auch Männer sind heute nicht mehr unbedingt willens oder aus familiären Gründen in der Lage, zum Beispiel am Abend noch regelmäßig die Patientenkartei aufzuarbeiten.

Meine Urgroßmutter hat um 1900 als Dentistin mit meinem Urgroßvater eine Zahnarztpraxis geführt. Weil sie das schon damals konnte, ärgert mich besonders, wenn heute negativ über die Feminisierung der Zahnmedizin geschrieben wird. Wir Frauen sind nicht ein Risiko, wir sind eine Chance!

 

Am Landzahnarzt orientiert

 Wir sind in Bergisch Gladbach natürlich keine echten Landzahnärzte, aber ich finde dieses Modell sehr charmant: einen Kleinbetrieb zu haben und nicht zwei, drei, oder mehr Zahnärzte anzustellen, sondern selbst alle Patienten vom Kleinkind bis zur Hundertjährigen zu behandeln. Zu uns kommen ganze Familien und viele nehmen Anteil an unserem Leben, fragen nach unseren Kindern und mehr.

Weil das alte Praxisteam nun nach und nach in Rente geht, bemerken wir jetzt nach zehn Jahren selbst, wie prekär die Situation bei den ZFA ist. Ich glaube aber, das ist in den Großstädten ähnlich. Auch durch meine Tätigkeit an der Berufsschule merke ich, dass leider zu viele Auszubildende nicht die gesamten drei Jahre durchhalten oder danach etwas Anderes machen.

 

Vom „Stammtisch“ zum DZV – Zum standespolitischen Engagement

Direkt nachdem wir die Praxis übernommen haben, hat uns der Abgeber netterweise mitgenommen zu unserem Stammtisch, der Arbeitsgemeinschaft Zahnheilkunde Bergisch Gladbach e.V. Dank dieser Regionalinitiative konnten wir die Kollegen aus der Umgebung direkt kennenlernen. Wenn man sich persönlich kennt, ist der Umgang wesentlich kollegialer als in einer anonymen Großstadt. Und wir konnten „auf der schnellen Durchwahltaste“ bei Problemen und Fragen Unterstützung bekommen.

Schon nach zwei Jahren kam ich als Schriftführerin in den Vorstand des AZGL. 2017 bin ich dann Vorsitzende geworden. Das macht zwar einige Arbeit, aber ich finde es wichtig, dass es diese Basisinitiativen gibt. Und ich habe bemerkt: Man kann viel bewegen und gemeinsame Ideen verwirklichen. Das hat mir richtig Spaß gemacht!

Als Vorsitzende der Regionalinitiative war ich auch Mitglied im Beirat des DZV, allerdings habe ich das zunächst nur sporadisch wahrgenommen. Die DZV-Vorsitzende Dr. Angelika Brandl-Riedel hat mich ermutigt, mich auch im DZV stärker zu engagieren. Seit einem Jahr bin ich jetzt Vorstandsmitglied. Hier ist der Austausch nun auch bundesweit möglich, etwa über das Online-Forum für Frauen, das ich jetzt mit Frau Dr. Brandl-Riedel leite. Ein wichtiges Thema ist die Sorgen der Kolleginnen, die Selbstständigkeit nicht bewältigen zu können. Da können ältere Mitglieder den jüngeren einige Ängste nehmen und ihnen zeigen, welche Vorteile in der Selbständigkeit liegen.

 

Selbstverwaltung erhalten

Natürlich ist es ein Segen, dass wir Zahnärzte uns in der Selbstverwaltung organisieren können. Wir können uns aber nur selbst verwalten, wenn wir Leute finden, die die Arbeit dafür übernehmen. Darum müssen wir die Vorteile der Selbstverwaltung den jungen Kollegen „beibiegen“! Im Unialltag hat man dieses Thema leider überhaupt nicht auf dem Schirm, darum versuchen wir im DZV, es jungen Kollegen zu vermitteln.

Ein weiteres Engagement etwa in der Zahnärztekammer oder der KZV würde ich nur dann in Betracht ziehen, wenn ich dort von konkretem Nutzen sein kann. Natürlich nimmt das Ehrenamt schon jetzt einige Zeit in Anspruch, insbesondere an Abenden. Ich schätze, in der Woche sind es gut fünf bis zehn Stunden, wobei es sehr stark variieren kann. Mir macht es aber auch viel Spaß, genauso wie meine Lehrtätigkeit in der Berufsschule und natürlich die „Arbeit am Stuhl“. Insgesamt ergibt das eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit!

Dr. Uwe Neddermeyer, KZV Nordrhein

 

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