Aufklärung und Dokumentation - Immer wieder ein Fall für die Gerichte

Der Patient ist vor einem Eingriff über die geplante Behandlung umfassend aufzuklären, damit er selbstbestimmt in die Behandlung einwilligen kann.

 

 

 

 

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seiner Entscheidung vom 02.02.2024, AZ: 26 U 36/23, deutlich gemacht, dass die Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes sei. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten erfordert es aber, dass er auch über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären ist, wenn mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen und unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten (§ 630 e Abs. 1 Satz 3 BGB). Kann der Behandler dies nicht nachweisen, macht er sich schadensersatzpflichtig.

 

Aufklärung über potenzielle Alternativen sowie Vor- und Nachteile

Wird beispielsweise eine Planung von Zahnersatz im Hinblick auf die gewählte Behandlung nicht ausreichend geplant, so kann der Patient in diesem Falle grundsätzlich auch nicht ordnungsgemäß aufgeklärt werden (so das Landgericht Karlsruhe, 26.07.2023, AZ: 6 O 140/17). Bei einer Versorgung mit Kronen und Brücken hat der Zahnarzt auch über die potenziellen Alternativen sowie deren Vor- und Nachteile aufzuklären. Entscheidet sich der Patient nach ordnungsgemäßer Aufklärung dennoch für z.B. eine festsitzende Kronenversorgung auf risikobehafteten Zähnen, so ist laut Landgericht Karlsruhe dagegen fachlich nichts einzuwenden.

 

Fachliche Standards einhalten

Sei der Patient hingegen nicht über die Risiken einer geplanten Behandlung, insbesondere über die wurzelgefüllten stark vorgeschädigten Zähne und die möglichen Alternativen, aufgeklärt, so entspricht die Planung nicht dem fachlichen Standard. Der Behandler macht sich in einem solchen Fall schadensersatz- und schmerzensgeldpflichtig.

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich jedoch nicht nur mit der Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden auseinandergesetzt, sondern auch über deren Dokumentation:

 

„Vertrauenswürdige Dokumentation“

Einer ordnungsgemäßen, zeitnah erstellten Dokumentation, die keine Anhaltspunkt für Veränderungen, Verfälschungen oder Widersprüchlichkeiten bietet, misst die Rechtsprechung zugunsten des Behandlers eine hohe Indizwirkung bei. Sie können den Richter davon überzeugen, dass das, was vertrauenswürdig dokumentiert wurde, auch tatsächlich so stattgefunden hat. Finden sich jedoch in einer Dokumentation immer wieder wortgleiche Einträge, die anscheinend standardmäßig verwendet werden, so führt das Oberlandesgericht Hamm in der o.a. Entscheidung aus, schwächt dies die Aussagekraft der Dokumentation.

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Behandler sich aufgrund der vielen Aufklärungsgespräche an das einzelne Aufklärungsgespräch manchmal nicht erinnern können und zum Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung auf ihre Dokumentation verweisen. Zeigt sich jedoch in der Dokumentation, dass Aufklärungsgespräche standardmäßig dokumentiert werden, so kann dies den Beweiswert abschwächen.

Quelle: Dr. med. dent. Dirk Erdmann, Landesverband Nordrhein des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) unter Bezug auf Wencke Boldt, Fachanwältin für Medizinrecht, 30169 Hannover 

 

 

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