Tipps für die Niederlassung (4): Auch Patientinnen & Patienten sind ein gutes Netzwerk

Neben vielen Formalien, die eine Niederlassung leider mit sich bringt, gibt es auch weitere Aspekte, die nicht immer auf Anhieb erkennbar sind, zum Beispiel Mitarbeiterführung. Oder es gibt Themen, über die man eher vorab mit Kolleginnen und Kollegen sprechen würde, etwa die Frage, wie man Fachkräfte anwirbt und hält. Wir haben sechs junge Zahnärztinnen und Zahnärzten nach ihren Erfahrungen gefragt. In Teil 4 sprechen wir mit Dr. Nicola Rosarius.

 

 

Frau Dr. Rosarius, seit wann sind Sie in welcher Form selbstständig niedergelassen tätig?

Ich bin seit 2011 in einer Einzelpraxis in Düren tätig.

Warum haben Sie sich niedergelassen?

Ich habe mich niedergelassen, weil ich in den Praxen, wo ich angestellt war, viel ungenutztes Potenzial, aber auch gute Ideen gesehen habe. Daraus hat sich das Bild von meiner Praxis entwickelt und die wollte ich dann in der Realität sehen. Außerdem konnte ich so mein eigenes Konzept umsetzen und selbst entscheiden. Und ich wollte mir ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem ich mich wohl fühle und die Arbeit Spaß macht.

Laut einer Analyse der Bundesagentur für Arbeit liegt der Beruf ZFA auf Platz 1 der sogenannten Engpassberufe, das heißt, dort herrscht großer Fachkräftemangel. Was können Praxen tun, um Mitarbeiter anzuwerben?

Praxen können verschiedene Wege gehen und schauen, was für sie am besten funktioniert. Einige Ideen sind etwa:

  • Selbst ein Stellenangebot in sozialen Medien wie Facebook oder Instagram aufgeben oder schalten. Das kostet in der Regel ein paar Euro.
  • In der Praxis dauerhaft einen prominent platzierten Aufsteller oder ein Plakat nutzen, auf dem zu Initiativbewerbung aufgerufen wird.
  • Dentoffert von der Zahnärztekammer ist auch eine mögliche Stellenbörse.
  • Social Recruiting ist am teuersten und das Targeting, also das zielgruppenspezifische Ausspielen der Infos, oft nicht richtig.
  • Eine Anzeige auf der eigenen Homepage veröffentlichen.
  • Networking und Kontakt zu anderen ZFA zu pflegen ist meiner Meinung nach mit die wichtigste Quelle für neues Personal.
  • Patienten sind ebenfalls ein gutes Netzwerk, sie sehen auch, wie der Praxischef mit den Mitarbeitern umgeht.

Es gibt ja auch immer mehr Firmen, die Zahnarztpraxen gezielt anschreiben und ihnen versprechen, schnell geeignete ZFA für die Praxis zu finden. Was sagen Sie zu diesen Angeboten?

Da der Markt derzeit sehr umkämpft ist, häufen sich diese teils dubiosen Angebote. Da werden teils vierstellige Summen verlangt und es wird schnell gutes Fachpersonal versprochen. Ich habe aber auch schon von Fällen gehört, in denen Praxen diesen Weg gegangen sind und die ZFA dann wieder von derselben Firma angesprochen und kurz nach Arbeitsbeginn versucht wurde, sie wieder der nächsten Praxis zu vermitteln. Ich selbst habe es auch schon mit Social Recruiting versucht und kann sagen, dass sich schon einige Bewerberinnen melden, von denen dann aber leider nur sehr wenige überhaupt infrage kommen. Mit dieser Maßnahme habe ich tatsächlich niemanden gefunden, kenne aber Fälle, in denen es auch funktioniert hat. Daher sind vor allem eine gute Atmosphäre und eine starke Mitarbeiterbindung sehr wichtig, um seine Leute zu behalten.

Was hält denn Mitarbeiter besonders beim Arbeitgeber?

Das Beratungsunternehmen Gallup hat in einer Erhebung für Arbeitnehmer in Deutschland festgestellt, dass rund 69 Prozent aller Mitarbeiter nur eine geringe emotionale Bindung zum Unternehmen haben. 14 Prozent haben gar keine emotionale Bindung und 17 Prozent eine starke Bindung an die Firma. Einen großen Einfluss auf die Mitarbeiterbindung hat in diesem Konstrukt vor allem die Führungskraft. Daher ist es für das Anwerben und Halten von Mitarbeitern zunächst gut, sich in der Szene Zahnmedizin durch ein gutes Arbeitsklima einen guten Namen als Chef zu machen.

Und worauf muss ich dann im Alltag am besten achten?

Man muss natürlich einen Führungsstil finden, der zu einem passt. Sich in diesem Bereich weiterzubilden schadet auch nicht. Es geht den meisten Arbeitnehmern neben einem fairen Gehalt, guten Arbeitsbedingungen und spannenden Aufgaben auch um ein gutes Miteinander. Vor allem muss ein gutes Vertrauensverhältnis bestehen, damit die Mitarbeiter sich auch bei Problemen ernst genommen fühlen.

Ebenfalls wichtig ist die Motivation: Das Team sollte Ideen und Vorschläge einbringen können, und diese müssen auch ernst genommen werden. Außerdem sollte man nichts verlangen, was man selbst nicht lebt.

Um Kündigungen zu vermeiden, sollte man sein Team auch immer gut im Blick behalten. Fährt ein Mitarbeiter etwa aus Unzufriedenheit seine Leistung herunter, sollte man dringend nachhorchen. Denn neben der schriftlichen Kündigung kann zuvor auch eine innere Kündigung stattfinden. Das hat Auswirkungen auf alle, denn der Mitarbeiter bleibt hinter seinen Möglichkeiten, das Team wird stärker belastet und die Praxisstrukturen leiden gegebenenfalls.

Welche Gründe können hinter einer Kündigung stecken?

Es gibt viele Gründe für Kündigungen. Die sieben häufigsten sind private Probleme, schwierige Beziehungen zu Vorgesetzten, enttäuschte Erwartungen, problematische Beziehungen zu Kollegen, Über- oder Unterforderung und das Fehlen von motivierenden Zielen.

Wichtig sollte für alle Praxisinhaber sein, bei privaten Problemen zu helfen und kein Umfeld zu schaffen oder zu dulden, in dem Mitarbeiter ungern zur Arbeit kommen. Probleme sollten direkt angesprochen und schnell gelöst werden. Wenn ein gutes Miteinander herrscht und dem Team die Arbeit Freude bereitet, sollte einer langjährigen guten Zusammenarbeit nichts im Wege stehen.

Marscha Edmonds, KZV Nordrhein