Unerwartet heftige Auswirkungen des GKV-FinStG auf die PAR-Behandlung bei GKV-Patienten

In einer Diskussionsrunde haben Patientenvertreter, Wissenschaft und Zahnmediziner darüber gesprochen, welche fatalen Auswirkungen das geplante GKV-Spargesetz für die Behandlung der gesetzlich Versicherten hätte. Alle Beteiligten lehnen Budgets und somit die Gefährdung der neuen Parodontitis-Behandlungs-Strecke ab.

In einer lebhaften Gesprächsrunde haben Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Direktor der Klinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der Universität Bonn, Gregor Bornes, Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss, Dr. Holger Seib und Dr. Ralf Wagner, Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen Westfalen-Lippe und Nordrhein, miteinander diskutiert. Thema und Anlass waren der Entwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) und dessen Auswirkungen auf die Patientenversorgung, besonders im Bereich Parodontitis-Behandlung. Moderiert wurde die Runde mit viel Enthusiasmus von Dr. Ralf Hausweiler, Präsident der Zahnärztekammer Nordrhein.

Im ersten Teil erörtert Hausweiler mit Jepsen die Grundlagen und gesundheitlichen Auswirkungen der Parodontitis-Erkrankung. „Aus der fünften deutschen Mundgesundheitsstudie weiß man, dass mit zunehmendem Alter die Häufigkeit der Parodontitis in den Altersgruppen steigt“, erklärt Jepsen. „50 Prozent der 35- bis 44-Jährigen leiden darunter, bei den älteren Senioren sind es sogar schon 80 Prozent.“ Die sogenannte PAR-Behandlungs-Strecke, die erst 2021 eingeführt wurde, ist bei der Bekämpfung von Parodontitis eine große Hilfe. „Es ist gelungen, aktuelle Erkenntnisse aus der Wissenschaft, wie eine moderne PAR-Behandlung aussehen sollte, in die Praxis zu überführen, so dass sie dort auch anwendbar ist und den Patienten zu Gute kommt. Das ist ein großer Erfolg, den die deutsche Zahnmedizin für die Patienten errungen hat“, so Jepsen weiter.

Bornes berichtet von Patientenzufriedenheit und vom Wandel der Patientenanfragen seit Einführung der neuen Behandlungs-Strecke. „Ich finde die Einführung der PAR-Richtlinie phänomenal. Patienten fragen bezüglich der PAR-Behandlung – auch ganz anders als früher – nicht mehr nach der Finanzierung. Nun gibt es kaum Beschwerden in diesem Bereich.“ Eine Leistungsdeckelung im Bereich Parodontitis ist laut Bornes eine ganz schlechte Idee: „Die Mundgesundheit würde wieder auf einen Zustand von vor 2021 zurückfallen, damit ist auch die Allgemeingesundheit stärker gefährdet. Wir wollen ja schließlich durch die PAR-Behandlung erreichen, dass sich auch die Allgemeingesundheit verbessert.  Wir können mittlerweile die Zusammenhänge und Effekte belegen und daher sollte der Schritt weiter gegangen werden“, so der Patientenvertreter.


"Vorsorge heißt von Zahnärzteschaft lernen"

KZV WL-Chef Seib zeigt die Problematik der Behandlung von Parodontitis vor der Einführung der PAR-Strecke auf: „Es gab zuvor eine eklatante Diskrepanz zwischen dem Behandlungsbedarf und den tatsächlich durchgeführten Behandlungen. Dabei gab es drei Probleme in den Praxen:
1. Es gab keinen Leidensdruck beim Betroffenen. Der Patient hat Zahnfleischbluten, das ist aber in seiner Wahrnehmung nicht so schlimm.
2. Man musste den Patienten überzeugen, vor der Hauptbehandlung schon intensiv mitzuarbeiten und dabei musste man ihn spürbar aus der Komfortzone holen.
3. Und man musste ihm sagen, dass eine langfristige Behandlung ansteht, die auch private Zuzahlungen erforderte."

Karies ist in Deutschland immer seltener ein Problem. Das liegt vor allem an den sehr guten bisherigen Präventionsbemühungen der Zahnärzte. „Erfolgreiche Vorsorge und Prophylaxe heißt von der Zahnärzteschaft lernen! Wir haben das vorexerziert, viel erreicht und werden beispielhaft erwähnt. Wir haben gesündere Menschen und sind stolz drauf. Das verursacht langfristig auch geringere Kosten. Deshalb ist bewiesenermaßen in unserem Bereich die Budgetierung unsinnig, aber vor allem am Beispiel der rigiden Deckelung von PAR-Behandlungen macht es sehr viel kaputt“, sagt Wagner. Schließlich würde der tatsächliche Behandlungsbedarf der Patienten in der Parodontitis-Therapie mit den auf alten Zahlen beruhenden Budgets nicht annährend abgedeckt. Folge werden zwangsläufig erhebliche Leistungskürzungen in diesem Bereich sein, erläutert er.

Das vollständige Video zur Diskussionsrunde finden Sie unter folgendem Link.

 

 

Hinterlassen Sie einen Kommentar

0 Character restriction
Your text should be more than 10 characters