Praxisorganisation-Datenschutz-Arbeitsrecht

Interessante Infos zu den Themen Mindestlohn, ärztliches Attest, Mitarbeiterdaten, Ablehnung eines Urlaubsantrages sind in diesem Artikel für Sie und Ihre Praxis aufgeführt.


Achtung: Mindestlohn auf neuem Niveau

Die aktuellen Erhöhungen des Mindestlohns zwingen gerade bei Minijobbern zur Anpassung der vereinbarten Arbeitsstunden, sonst drohen beträchtliche Sozialversicherungszahlungen und Steuernachteile. Das Mindestlohngesetz wurde in 2015 mit 8,50 € brutto pro Arbeitsstunde eingeführt. In 2022 steigt der gesetzliche Mindestlohn gleich dreimal: Seit dem 01.01.2022 müssen mindestens 9,82 € brutto je Arbeitsstunde gezahlt werden, ab dem 01.Juli 2022 schon 10,45 € und nun ist die nächste Erhöhung des Mindestlohns schon beschlossen. Der Bundesrat hat dem Gesetz des Bundestages am 10. Juni 2022 zugestimmt. Damit wird u.a. der Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 auf 12,00 € angehoben. Begleitend wird immerhin die Entgeltgrenze für Minijobs auf 520 € monatlich erhöht.

Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmenden - außer für Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten, Azubis, Menschen mit Pflichtpraktikum oder Praktika unter drei Monaten. Daneben gibt es in mehreren Branchen tarifliche Mindestlöhne, die über der gesetzlichen Lohnuntergrenze liegen. Die meisten Gehaltsextras werden nicht angerechnet. Und was genau als Arbeitszeit gilt, ist ebenfalls kompliziert und oft umstritten.

Für Arbeitgeber heißt es nun aufpassen: die vereinbarten Arbeitsstunden aller Geringverdiener müssen geprüft werden. Denn anstelle einer Stundenlohnvereinbarung finden sich in der Praxis meist fixe Monatslöhne und Arbeitsstunden. Leider ist auch der Ausweis einer Stundenzahl gesetzlich vorgeschrieben (Nachweispflicht aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 NachwG).

Bei rechnerischem Unterschreiten des Mindestlohns droht gerade für die Minijobber eine erhebliche Nachzahlung bei der nächsten Sozialversicherungsprüfung. Denn dort wird der Beitrag mindestens nach dem gesetzlichen Lohnanspruch festgesetzt, egal ob dieser gezahlt wurde oder nicht (sogenannter Fiktiv-Lohn). Wird dann die Minijob-Grenze von derzeit 450 € monatlich überschritten, tritt Sozialversicherungspflicht bis maximal 4 Jahre rückwirkend ein, mit über 40 % des Arbeitsentgeltes. Da hilft eine Rückzahlung der pauschalen Beiträge von 15 % für die Rentenversicherung und eventuell 13 % für die Kranken- und Pflegeversicherung wenig.

Die Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns wird monatsbezogen geprüft (§ 2 MiLoG). Da die einzelnen Kalendermonate jedoch unterschiedlich viele Arbeitstage haben, ist für jeden Monat sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindestlohn erhält. Hilfe bietet folgende Formel:

Bei 40 Arbeitsstunden ergeben sich durchschnittlich 173,33 Monatsarbeitsstunden.

40 x 13 / 12 x 4 Wochen = 173,33.


Das führt zu folgender Formel:

Vereinbarte Arbeitsstunden x 4,333 = Monatsarbeitszeit x Mindestlohn pro Stunde = Mindestmonatslohn

Hilfreich sind da auch „Mindestlohnrechner“ aus dem Internet.


Beispiel Mindestlohn eines Minijobbers:

Bei einem Brutto von 450 € darf ein Minijobber beim Mindestlohn von 10,45 € pro Stunde maximal 9,93 Stunden wöchentlich arbeiten (9,93 Wochenstunden x 4,333 = 43,03 Monatsstunden X 10,45 = 449, 62 Mindestlohn).

Werden nicht direkt Stundenlöhne vereinbart, ist eine Prüfung und eventuell Abänderung des Arbeitsvertrages nun Pflicht. Die wöchentliche Arbeitszeit muss dann in vielen Fällen vermindert werden. Quelle: Dr. med. dent. Dirk Erdmann (Freier Verband Deutscher Zahnärzte Nordrhein e.V. / FVDZ-NR), basierend auf einem Beitrag von Gabriela Scholz, Steuerberaterin/Wirtschaftsprüferin Sankt Augustin in FVDZ „Unter der Lupe“ Ausgabe 02/2022


Eigenhändige Unterschrift des Arztes -Voraussetzung für Wirksamkeit eines ärztlichen Attestes

Ein ärztliches Attest ist eine Wissenserklärung des Arztes und ist daher nur dann wirksam, wenn es eigenhändig vom Arzt unterschrieben wurde. So entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Az. 15 K 7677/20), berichtet die Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG.

Im Februar 2020 trat ein Student der Wirtschaftswissenschaften an einer Universität in Nordrhein-Westfalen nicht zu einer Wiederholungsprüfung zur Bachelorprüfung an. Als Entschuldigung legte er ein ärztliches Attest vor. Der Prüfungsausschuss ließ dieses jedoch u. a. deshalb nicht gelten, weil es nicht vom Arzt, sondern von einer Angestellten im Auftrag unterschrieben war. Der Ausschuss bewertete die Prüfung und die Bachelorprüfung als nicht bestanden. Dagegen erhob der Student Klage.

Das Gericht wies die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung eines Rücktrittsgrundes von der Prüfung. Das ärztliche Attest sei nicht geeignet, den Nichtantritt zur Prüfung zu entschuldigen. Das ärztliche Attest sei unwirksam, da es nicht vom Arzt selbst, sondern von einer dritten Person im Auftrag unterschrieben wurde. Ein Attest sei nur dann ein ärztliches Attest, wenn aus ihm hervorgehe, dass der Arzt selbst die Verantwortung für dessen Inhalt übernommen hat. Denn bei einem Attest handele es sich um eine Wissenserklärung, die der Arzt grundsätzlich selbst abzugeben habe. Zu seiner Wirksamkeit bedürfe ein ärztliches Attest daher der Unterschrift des Arztes. Die Beklagte sei auch unter Berücksichtigung ihrer aus dem Prüfungsverhältnis folgenden Fürsorgepflicht nicht gehalten gewesen, den Kläger zeitnah auf das Fehlen der Unterschrift hinzuweisen. Es sei der Verantwortungssphäre des Klägers als Patienten zuzurechnen, sicherzustellen, dass der Arzt seiner Pflicht zur Ausstellung eines wirksamen Attestes nachkomme. Quelle: Dr. med. dent. Dirk Erdmann (Freier Verband Deutscher Zahnärzte Nordrhein e.V. / FVDZ-NR), basierend auf einem Beitrag der Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG am 22. Juli 2022


Mitarbeiterdaten in der ZA-Praxis- Welche Daten werden wann und wie erfasst und verarbeitet?

Digitalisierung, das neue Schlagwort in der Politik. Doch sie verbürgt nicht nur Chancen, sondern auch viele Risiken. So sollen durch die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) persönliche Daten geschützt werden, was nicht in jedem Fall ein „leichtes Spiel“ ist.

Viel diskutiert worden ist die DS-GVO zum Beispiel in Bezug auf die Patientendaten; zunehmend rückt aber auch die Frage nach der Verarbeitung der Daten von Mitarbeitern in den Vordergrund, weil auch hier die Frage sich stellt, welche Daten eigentlich verarbeitet werden. Nicht nur, dass manch Arbeitgeber nach Stellung einer Stellenanzeige plötzlich mit der Frage konfrontiert wird, wie mit den online übersandten Bewerbungsunterlagen weiter zu verfahren ist. Auch hier sieht sich manch Arbeitgeber plötzlich Schadensersatzansprüchen von abgelehnten Bewerbern ausgesetzt.

Aber auch die Frage eines Mitarbeiters, welche Daten über ihn gespeichert werden, kann meist nicht so einfach beantwortet werden. Häufig wird in kleinen Unternehmen, wie z.B. Zahnarztpraxen, die Lohnbuchhaltung vom Steuerberater geführt. Man könnte nun daran denken, dass dieser damit auch den Auskunftsanspruch des Mitarbeiters vollständig beantworten kann. Doch leider ist dem nicht so, denn meist werden daneben noch weitere Daten in der Praxis über den Mitarbeiter verarbeitet. Zu denken ist z.B. an den digital geführten Urlaubskalender oder die im Computer erfassten Krankheitstage der Mitarbeiter bzw. die jeweiligen Arbeitszeiten. Es sollte daher nicht nur in Bezug auf Patientendaten Vorkehrungen getroffen werden, um innerhalb einer Monatsfrist den Auskunftsanspruch über die verarbeiteten personenbezogenen Daten erfüllen zu können, sondern auch in Bezug auf die Mitarbeiterdaten. Man sollte sich daher einmal überlegen, welche Daten elektronisch erfasst werden.

Denn ein Mitarbeiter stellt einen Auskunftsanspruch meist, wenn sich die Parteien an anderer Stelle im Streit befinden und der Auskunftsanspruch dazu dienen soll, Argumente für die eigenen Position zu finden oder Druck auf den Arbeitgeber ausüben zu können. Den Auskunftsanspruch verweigern kann der Arbeitgeber nur unter sehr hohen Hürden, nämlich wenn das Auskunftsbegehren exzessiv oder offenkundig unbegründet ist (§ 242 BGB). Jedenfalls ist es geboten, eine besondere Sensibilität bei der Verarbeitung persönlicher Daten zu üben und hiermit nicht leichtfertig umzugehen. Quelle: Dr. med. dent. Dirk Erdmann (Freier Verband Deutscher Zahnärzte Nordrhein e.V. / FVDZ-NR), basierend auf einer Information von ZfN am 19. Juni 2022, Autorin: Wencke Boldt, Fachanwältin für Medizinrecht, 30169 Hannover


Arbeitgeber muss Ablehnung von Urlaubsantrag begründen - Urlaubssperre allein kein Argument

Wenn ein Arbeitnehmer Urlaub beantragt, muss der Arbeitgeber diesen Wunsch grundsätzlich berücksichtigen. Er kann nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe dagegensprechen. Der Verweis auf eine allgemeingültige Urlaubssperre in der Weihnachtszeit reicht allerdings nicht aus, um einen Antrag abzulehnen. So entschied das Arbeitsgericht Braunschweig (Az. 4 Ca 373/19) laut Bericht der Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG.

Eine Pflegeassistentin hatte bei ihrem Arbeitgeber, einer Pflegeeinrichtung, zwei Wochen Urlaub zum Jahresende beantragt. Sie wollte Weihnachten mit ihrer Familie verbringen. Der Arbeitgeber lehnte den Antrag ab. Zu dieser Zeit gelte eine mit dem Betriebsrat vereinbarte Urlaubssperre. Die Pflegekräfte bekämen jeweils über die Weihnachtstage oder zum Jahreswechsel einige Tage frei. Eine zweiwöchige Abwesenheit könne dazu führen, dass mehr Pflegekräfte an Weihnachten oder Silvester arbeiten müssen. Denn üblicherweise sei in dieser Zeit mit einem hohen Krankenstand zu rechnen.

Die Arbeitnehmerin bekam Recht. Der Arbeitgeber musste ihr den beantragten Urlaub gewähren. Nach Auffassung des Gerichts reichte dessen Darlegung nicht aus, um dringende betriebliche Gründe nachzuweisen. Dazu hätten z. B. genaue Angaben zum Personalbedarf sowie zu den Fehlzeiten, mit denen der Arbeitgeber rechnet, gehört. Selbst wenn eine „Urlaubssperre“ vorliege, müsse jeder Urlaubsantrag einzeln geprüft werden.

Dr. med. dent. Dirk Erdmann (Freier Verband Deutscher Zahnärzte Nordrhein e.V. / FVDZ-NR), basierend auf einem Beitrag der Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG

Hinterlassen Sie einen Kommentar

0 Character restriction
Your text should be more than 10 characters