Fachkräftemangel bei ZFA: Nachwuchs gesucht

Ob Ausbildungskampagne oder Rekrutierung von Sprachschülern – die Zahnärztekammer Nordrhein arbeitet mit verschiedenen Projekten an der Beseitigung des Fachkräftemangels bei ZFA.

Beschwerden hört man dieser Tage häufig: Ob in Flughäfen oder Restaurants, überall fehlt es an Personal. Ein Problem, mit dem die Zahnärzteschaft in Hinblick auf Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) bereits seit vielen Jahren vertraut ist, auch wenn sich dieses jüngst noch einmal verschärft hat. Doch die Corona-Pandemie hat unter anderem gezeigt, dass sich der Trend umkehren lässt – auch dank des Engagements der Zahnärztekammer Nordrhein.

Denn – so zeigen aktuelle Studien – vielen jungen Menschen geht es bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz nicht nur ums Geld. Im Mittelpunkt steht vor allem der Wunsch nach einer erfüllenden Tätigkeit, die Spaß macht und gleichzeitig eine Perspektive bietet. Anforderungen, die gut mit dem Berufsbild der ZFA vereinbar sind – insbesondere infolge der Corona-Pandemie. Denn durch Kurzarbeit in vielen Branchen auf der einen Seite und die gleichzeitige Wertschätzung für Berufe der kritischen Infrastruktur auf der anderen Seite hat sich das Image medizinischer Berufe deutlich erhöht, wovon auch die Zahnmedizin profitieren kann.

Mehr Ausbildungsverträge durch Azubi-Kampagne

Beim Thema Aufwertung des Berufsfeld ist auch die Zahnärztekammer Nordrhein seit langer Zeit aktiv. Fünf Jahre ist her, dass die Kammer eine Kampagne gestartet hat, um ZFA-Auszubildende zu gewinnen. Mit dem Slogan „Du bist alles für uns“ sollen die Vielseitigkeit, die Perspektive und vor allem auch die Bedeutung des Berufs hervorgehoben werden. Die Botschaft: ZFA sind keine Helferinnen, sondern wichtiges Fachpersonal, ohne das keine Praxis funktionieren kann. Geworben wird mit Video- und Bildmaterial in sozialen Netzwerken sowie auf Flyern und Postern für die Wartezimmer der Zahnarztpraxen.

Dass die Kampagne erfolgreich ist, beweisen die Zahlen der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Kammergebiet Nordrhein. Angefangen bei 1.730 abgeschlossen Verträgen im Jahr 2017 steigerte sich die Zahl 2018 bereits auf 2.263. Und selbst 2021 ging die Zahl – infolge der Corona-Pandemie – nur leicht auf 2.094 zurück und stabilisierte sich entsprechend auf deutlich höherem Niveau als vor dem Start der Kampagne.

Mit den Kammern aus Niedersachsen, Berlin und Hessen sind inzwischen auch weitere Partner hinzugekommen. Um die Zielgruppe auch in Zukunft zu erreichen, wird es im Herbst zudem eine inhaltliche Neuausrichtung geben. Durch die Zusammenarbeit mit Influencern bei Tiktok soll den veränderten Nutzungsgewohnheiten von Jugendlichen Rechnung getragen werden.


Kooperation mit Sprachschulen

Um weitere potentielle Mitarbeiter für den Beruf der ZFA zu begeistern, hat die Zahnärztekammer Nordrhein kürzlich Kooperationen mit Sprachschulen gestartet. Die erste Veranstaltung dazu fand am 6. Juli im ASG-Bildungsforum in Düsseldorf statt, wo Anna Palm, Geschäftsführerin, und Dr. Thomas Hennig, Abteilungsleiter Praxisführung, circa 30 Interessierten den Ausbildungsberuf zur ZFA und den Lehrgang zur „Fachkraft zur Aufbereitung Zahnmedizinischer Instrumente“ vorstellten. Zudem wurden bereits Gespräche mit weiteren Sprachschulen aufgenommen.

„Das Interesse an den Absolventen und Absolventinnen der ASG ist groß“, wie Ute Kretschmer des ASG-Bildungsforums berichtet. „Oft sind es zum Beispiel Online-Versandhändler, die unseren Teilnehmenden ein Arbeitsangebot unterbreiten. Wir freuen uns jedoch, wenn ihnen auch Wege in den qualifizierten Arbeitsmarkt aufgezeigt werden.“

So wurden bereits kurz nach der Veranstaltung erste Hospitationen vereinbart. Eine davon mit der 34-jährigen Ganiyat Lawal in der Praxis von Kammerpräsident Dr. Ralf Hausweiler. „Die Hospitation ist eine gute Möglichkeit für mich, einen Job zu finden“, berichtet die Mutter von drei Kindern. Anfangs habe sie Sorgen vor der unbekannten Situation in der Praxis gehabt, doch das Gefühl habe sich schnell verflüchtigt. „Alle Menschen hier sind super nett zu mir.“ Und auch der Einblick in den Joballtag hat die gebürtige Nigerianerin begeistert, sodass im Anschluss an die Hospitation gleich ein Ausbildungsvertrag unterzeichnet wurde.

Kammerpräsident Dr. Ralf Hausweiler hofft, dass viele Kollegen seinem Beispiel folgen werden. „Um Fachkräfte zu gewinnen, müssen wir einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu unseren Praxen ermöglichen.“ Im Fall von Ganiyat Lawal reichte ein Anruf, um die Hospitation zu vereinbaren. „So wird die Kooperation mit dem ASG-Bildungsforum für beide Seiten zu einem Gewinn“, berichtet Dr. Hausweiler, „wir bieten den Schülern eine berufliche Perspektive und tun gleichzeitig etwas gegen unseren Fachkräftemangel.“


Praxen für Hospitationen gesucht

Zahnarztpraxen, die Interessierten eine Hospitation ermöglichen wollen, um so gegebenenfalls direkt eine/n neue Auszubildende/n zu gewinnen, werden gebeten, sich an die Ausbildungsabteilung Liane Wittke (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel. 0211 44704-338) zu wenden.

Um Schülern die Chance zu bieten, den Beruf der ZFA auszuprobieren, ist es aber auch wichtig, dass möglichst viele Zahnarztpraxen Schulpraktika anbieten. Denn so können bereits unkompliziert Kontakte geknüpft werden, die nicht selten in ein Ausbildungsverhältnis münden.

Doch die Rekrutierung neuer Fachkräfte ist nur ein Teil der Lösung. Ebenso wichtig ist der Verbleib der ZFA im Beruf. Es könne nicht sein, dass ZFA nach ihrer Ausbildung lieber in einer Drogerie als in der Praxis arbeiten wollen, sagte Dr. Oktay Sunkur, Fraktionsvorsitzender des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte, bei der nordrheinischen Kammerversammlung im Juni. Um das zu verhindern, muss die Wertschätzung für ZFA auch in die Praxis übertragen werden, wie Dr. Thomas Heil, Vizepräsident der Zahnärztekammer Nordrhein, ebenfalls bei der Kammerversammlung deutlich machte. „Personalumgang ist ein wichtiger Punkt, den unser Berufsstand lernen muss.“

Das fängt bereits in der Ausbildung an. „Viele Auszubildende werden in den ersten Wochen überfordert“, berichtet Mattias Abert, Mitglied des Vorstands der Zahnärztekammer Nordrhein und dort verantwortlich für das Thema Ausbildung. Die Umstellung vom Schul- in den Berufsalltag sei für die Jugendlichen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Entsprechend bräuchten die Auszubildenden genügend Zeit zur Einarbeitung.


Vorstand erarbeitet Vergütungsempfehlung für ZFA 

Doch auch wenn junge Menschen nach einer Selbsterfüllung im Beruf suchen, bleibt die Bezahlung ein wichtiges Thema. Deshalb wird für Auszubildende die Vergütungsempfehlung ab dem 1. Januar 2023 erhöht, zudem erarbeitet der Vorstand der Zahnärztekammer erstmalig auch eine Vergütungsempfehlung für ausgelernte ZFA, die im Herbst der Kammerversammlung vorgelegt werden soll.

Am Ende muss die Mischung aus persönlicher Wertschätzung, Perspektive und Bezahlung stimmen, damit der Beruf der ZFA attraktiv bleibt. Dann brauchen Zahnärzte und Zahnärztinnen auch nicht die Konkurrenz des Einzelhandels zu fürchten – nicht zuletzt in Hinblick auf Fortbildungsmöglichkeiten und den sozialen Aspekt des Berufs durch den Kontakt mit Patienten.

Andernfalls könnte es bald einsam in den Praxen werden, wie Kammer-Vizepräsident Dr. Thomas Heil deutlich macht: „Wenn wir nicht handeln, droht uns eine One-Man-Show am Behandlungsstuhl.“

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Leute, die darüber sprechen

  • Liane Herrmann

    Wir haben in diesem Jahr mehrere Schülerpraktikantinnen gehabt.Eine davon ist jetzt unsere Auszubildende.Insgesamt hsben wir 2 Azubis...aber ausglernte ZFA zu finden ist eine schier unlösbare Herausforderung....

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  • Chrissi

    Wie wären Tarifverträge für das Personal ? Nicht nur Empfehlungungen für die Vergütung !! In anderen Bundesländern ist se doch auch so !
    Viele Grüße!

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  • Dr.Gernot Platte

    Ebenso wichtig erscheint mir endlich gegenüber der Politik die seit Jahrzehnten immer weiter voranschreitende Mindervergütung der zahnärztlichen Leistung nicht nur zu unterbinden, sondern die Honorare des BEM als auch der GOZ gravierend aufzuwerten. Nur wenn der Unternehmer gute Gewinne erzielt, kann er seinen Mitarbeitern angemessene Löhne zahlen ! Auch das macht einen Beruf attraktiver. Das muß den verantwortlichen klar gemacht werden! Wenn das alles so im Gesundheitswesen weiter voranschreitet gute Nacht.

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  • Britta Kirch

    Alles schön und gut nur mit der drohenden Budgetierung und einem GOZ punktwert aus den 1960er Jahren mit ständig steigenden anforderungen staatlicherseits und steigenden einkaufspreisen wird langsam eng gute Löhne zu zahlen.
    Wir haben unserer Azubi nach Abschluss die ZMF gesponsert und jetzt ist diese schwanger. Da hat man echt bald keine Lust mehr.

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