Erfahrung trifft auf Nachwuchs – KZV-Chef Dr. Ralf Wagner beim Zukunftskongress von "DIE ZA"

„Die Gegner unserer Zahnarztpraxen sitzen nicht in einer anderen Praxis, sondern in der Politik oder in der Wirtschaft.“ (Dr. Ralf Wagner)

Die vielleicht interessanteste Konstellation beim Düsseldorfer Zukunftskongress entstand, als Dr. Ralf Wagner mit 25 Jahren Erfahrung als Vorstandsvorsitzender und noch mehr als Vorstandsmitglied in der Standespolitik und als niedergelassener Zahnarzt auf junge Kolleginnen und Kollegen traf.

Im Rückblick auf seine lange Tätigkeit konnte der nordrheinische KZV-Chef etwa beim Thema „Budget und Obergrenzen“ Fortschritte melden – aber auch Gründe, warum ihm seine Arbeit als Zahnarzt und als Vorstand zuletzt weniger Spaß gemacht hat: wachsende Belastungen durch eine unsinnige Bürokratie, unverständliche politische Entscheidungen und härtere Bandagen einiger Krankenkassen in den Verhandlungen.

Dennoch gelang Dr. Wagner mit seinem Vortrag ein überzeugendes Plädoyer sowohl für die Niederlassung als auch für ein ehrenamtliches Engagement. Von beidem profitieren nicht nur die Zahnärztinnen und Zahnärzte, sondern auch Patienten, deren flächendeckende zahnmedizinische Versorgung auf hohem Niveau so sichergestellt ist.

Ökonomisierung durch iMVZ

In diesem Zusammenhang warnte Dr. Wagner ausdrücklich vor den Gefahren, die sich durch die rasch wachsende Zahl von MVZ ergeben, insbesondere solchen, die mit Fremdkapital von Investoren finanziert werden, meist in Großstädten oder im „Speckgürtel“. Sie stellen sehr viele junge Zahnärzte an. Praxen auf dem Land tun sich deshalb schwer, Assistenten oder Angestellte mit Perspektiven einer späteren Übernahme zu finden.

Dr. Wagner verdeutlichte, dass sich die meisten jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte zwar niederlassen wollen, dies aber heute erst nach einer mehr oder minder längeren Zeit in Anstellung – oft in einem MVZ – machen. Und das wirkt nach: Zum einen haben sie dann lange in der Stadt studiert und gearbeitet und sind daher mit „ihrer“ Stadt verwachsen. Zum anderen haben viele in den MVZ stärker spezialisiert gearbeitet, während auf dem Land eher der Generalist mit einem breiten Therapiespektrum gefragt ist.

Die Politik tut auf der Bundeseben viel zu wenig, um die Ausbreitung der iMVZ zu stoppen. Dabei haben mittlerweile die Medien das Thema „Ökonomisierung und Vergewerblichung des Gesundheitssystems“ aufgegriffen. Zudem belegt eine Untersuchung des Instituts PROGNOS, dass die zahnärztlichen MVZ oft überdurchschnittlich hohe Kosten für die Krankenversicherungen verursachen. Die Befürchtungen haben sich damit zum Teil bestätigt, dass in den iMVZ die Ökonomie wichtiger als die (Zahn-)Medizin ist. Erfreulicherweise hat die Gesundheitsministerkonferenz die Forderungen der Zahnärzteschaft übernommen, die Möglichkeiten, iMVZ zu gründen, besser zu regulieren, und gegenüber den Patienten Transparenz zu schaffen.

Anschließend brachte Dr. Wagner die jungen Kolleginnen und Kollegen bei den Themen „Punktwertentwicklung und Fallzahlen“ auf den aktuellen Stand. Die Coronapandemie schlägt sich aufgrund krankheitsbedingter kurzfristiger Absagen von Patienten durchaus noch im Gesamtumsatz der Praxen nieder. Zudem darf der Fachkräftemangel nicht vernachlässigt werden. Gemeinsam müsse es gelingen, durch Anreize vermehrt junge Menschen zur ZFA-Ausbildung und zur Anstellung zu gewinnen. Dabei stelle eine bessere Bezahlung nur eine Möglichkeit dar.

Selbstverwaltung statt politischer Steuerung

Besonders liegt Dr. Wagner am Herzen, Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit gegenüber den zunehmenden Eingriffen der Politik zu stärken, denn „die kann es nicht!“.  Darum ist es wichtig, weiter Zahnärztinnen und Zahnärzte zu finden, die die Selbstverwaltung am Leben erhalten. Als Anlaufstelle und Einstieg in Standespolitik und Selbstverwaltung bieten sich in Nordrhein zahlreiche Zahnärzte-Treffs und Regionalinitiativen an, die junge Kolleginnen und Kollegen mit offenen Armen empfangen.

In der Diskussion stellte sich heraus, dass bei allem Interesse viele meinten, ihnen fehle die Zeit, regelmäßig einen der Zahnärzte-Treffs zu besuchen. Manche Treffen wirkten in der bisherigen Form nicht mehr zeitgemäß. Andererseits gab es auch Zustimmung, dass der persönliche Kontakt mit der Kollegenschaft vor Ort sehr wichtig bleibt. Als mögliche Lösung wurden hybride Veranstaltungen genannt, wie sie hierzulande als digitale Verwaltungs- und Bezirksstellenversammlungen bereits erfolgreich durchgeführt wurden und werden (Seite ??).

Referenten

Der Vormittag Stand im Zeichen der „Vision Zahnmedizin“. Neben Dr. Ralf Wagner referierten Dr. Romana Kraft (DIE ZA), Dr. Andreas Janke (DIE ZA), Detlef Diehr (Diehr PraxisPlus) und Dr. Thomas Heil (ZAEK Nordrhein).

Der Nachmittag widmete sich dem Thema "Digitalisierung". Hierzu kamen  Dr. Marc Thom (Digitalisierungs- und Innovationsexperte), Martin Buhl (CURE Digital Finance GmbH), Dr. Andreas Janke (DIE ZA), Andreas Hitzbleck (DIE ZA), Christian Brendel (solvi) und Dr. Fabian Göckler (rose) zu Wort. 

Lesen Sie hierzu auch unseren Blogpost vom 13. Juni 2022.

Dr. Uwe Neddermeyer, KZV Nordrhein

 

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