Das müssen Zahnärzte zur Medical Device Regulation wissen

Am 26. Mai 2021 tritt die neue Medizinprodukteverordnung der EU, die Medical Device Regulation (MDR), in Kraft.

Diese neue EU-Verordnung betrifft nicht nur industrielle Medizinproduktehersteller, sondern auch Zahnarztpraxen. Zwei Online-Webinare am 19. Mai und 23. Juni bieten praktische Unterstützung, damit die Umsetzung in der Praxis gelingt. Denn dabei gibt es einiges zu beachten.

 

 

Nach mehr als vier Jahren tritt die 2017 beschlossene MDR (Medical Device Regulation, neue Medizinprodukteverordnung der EU) im Mai 2021 in Kraft und ersetzt das Medizinproduktegesetz (MPG).  Ziel der neuen EU-Verordnung ist unter anderem nach Brust- und Hüftimplantatskandalen die Sicherheit von Medizinprodukten zu erhöhen. Die neue Verordnung betrifft daher in erster Linie industrielle Hersteller von Medizinprodukten, wirkt sich jedoch auch auf Zahnarztpraxen mit Eigenlabor (Praxislabor sowie Chairside-Fertigung) aus, die als Hersteller von sogenannten „Sonderanfertigungen“ gelten. So sind auch CAD/CAM-Fertigungen, zum Beispiel CEREC, betroffen.

Herstellung von Sonderanfertigungen in der Zahnarztpraxis

Die MDR unterscheidet zwischen serienmäßig in industriellen Verfahren hergestellten Medizinprodukten und Sonderanfertigungen. Ein Medizinprodukt gilt als Sonderanfertigung, wenn es eigens für einen bestimmten Patienten gefertigt wird. Zwar entfällt für Sonderanfertigung die CE-Kennzeichnungspflicht, die mit wesentlichen höheren Anforderungen verbunden ist. Gleichwohl sind für Praxislabore und Chairside-Fertigungen die Anforderungen der MDR an Dokumentation und Überwachung sicherzustellen. Damit auch Datenschutzbelange berücksichtigt sind, kann der Patient durch seinen Namen, ein Akronym oder einen numerischen Code identifiziert werden.

Risikobewertung von Sonderanfertigungen

Für „Hersteller von Medizinprodukten“ ist gemäß der MDR ein Risikomanagementsystem bindend. Bereits in der Entwurfsphase sollen potenzielle Fehlerursachen identifiziert und bewertet werden. Für jede Gefährdung muss das Restrisiko ermittelt werden:

Restrisiko (RR) = Wahrscheinlichkeit (W) x Auswirkung (A)

Nur wenn das Restrisiko als vertretbar eingeschätzt wird und der Nutzen des Medizinproduktes größer als das noch vorhandene Restrisiko ist, darf die Herstellung des Medizinproduktes erfolgen.

Exemplarische Fehlermöglichkeiten bei der Erstellung von Sonderanfertigungen im Praxislabor sind:

  • Falsche Materialien
  • Falsche Lagerung des Materials
  • Überschreitung des Verfallsdatums
  • Unterschreitung von Mindestmaterialstärken
  • Unvollständige Polymerisation

Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines der oben genannten Fehler liegt im Bereich „selten“ (z.B. einmal im Jahr) bis „sehr selten“ (einmal in drei Jahren). Die daraus möglicherweise resultierenden Auswirkungen sind zumeist reversibel bzw. können durch eine ambulante Behandlung behoben werden.

Die meisten Sonderanfertigungen aus dem Praxislabor, wie Provisorien und Schienen können damit in Risikoklasse I (geringes Risiko) eingestuft werden. Dahingegen wird dauerhafter Zahnersatz der Risikoklasse IIa (mittleres Risiko) zugeordnet; Dentalimplantate fallen in die Risikoklasse IIb (hohes Risiko).

Füllungen und konfektionierte Stiftaufbauten sind keine Sonderanfertigungen. Gleichwohl sind Füllmaterialien und Stifte Medizinprodukte, die eine CE-Kennzeichnung benötigen. Für diese Medizinprodukte muss der (industrielle) Hersteller eine Risikobewertung und eine Erfassung klinischer und sicherheitsrelevanter Daten nach der CE-Zertifizierung und dem Marktzugang durchführen (Post Marketing Surveillance). Dabei ist die Überwachung der Produktleistung von Medizinprodukten entscheidend, um Risiken in der praktischen Anwendung des Produkts systematisch zu identifizieren, da einige Risiken erst bei der Verwendung, Lagerung, Beförderung oder Reinigung von Medizinprodukten erkennbar werden. Nur durch eine kontinuierliche und systematische Überwachung können Hersteller sicherstellen, dass ihre Medizinprodukte sicher sind und keine unkontrollierten Risiken bestehen.

Risiko- und Qualitätsmanagement gemäß MDR

Für „Hersteller von Medizinprodukten“ ist gemäß MDR ein Risikomanagement verpflichtend, das Teil eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) ist. Dieses muss neben den erforderlichen Arbeitsanweisungen und Laufzetteln eine Dokumentation bzw. ein Nachweis (Rückverfolgbarkeit) über die erstellten Sonderanfertigungen und die verwendeten Ausgangsprodukte bieten.

Dabei muss nach dem Inverkehrbringen, also nach der Übergabe der Sonderanfertigung an den Patienten, eine Überwachung sichergestellt werden. Hierzu ist ein Fehler- und Beschwerdemanagementsystem, wie es beispielsweise ZQMS bietet, das allen nordrheinischen niedergelassenen Zahnärzten kostenlos zur Verfügung steht.

Für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften ist eine verantwortliche Person zu benennen. In der Regel ist dies entweder der Praxisinhaber oder ein angestellter Zahntechniker. In einer Konformitätserklärung, die zu jeder Sonderanfertigung dem Patienten zur Verfügung gestellt werden muss, sichert die verantwortliche Person zu, dass die Anfertigung des Medizinproduktes den Anforderungen der Verordnung entspricht.

Für den Zahnarzt als Hersteller von Sonderanfertigungen genügt eine Dokumentation in der Patientenakte und die Aufrechterhaltung eines Fehler- und Beschwerdemanagementsystems. Im Falle eines schwerwiegenden Ereignisses oder einer Fehlfunktion, die für den Patienten lebensgefährlich sein könnte, muss eine Meldung an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn erfolgen.

Webseminar Medical Device Regulation

Wie immer, wenn sich die rechtlichen Normen ändern, stellt sich für Sie die Frage: Was ist wichtig für meine Praxis? In dem Seminar werden die relevanten rechtlichen Grundlagen, und auch alle Fragen beantwortet. Interessierte können sich für eine Teilnahme am 19. Mai oder eine Teilnahme am 23. Juni, jeweils 18.30 Uhr bis 20.30, anmelden. Die Teilnahme kostet 49 Euro, es gibt zwei Fortbildungspunkte.

 
 

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