Mit offenen Armen empfangen - Eintritt in die Standespolitik

Standespolitischer „Nachwuchs“: ZÄ Hanna Selzer aus Pulheim im Interview

Hanna Selzer ist eine der jungen engagierten Zahnärztinnen und Zahnärzte, die die Standespolitik im Augenblick deutlich verjüngen. Sie ist Mitglied der neuen viel „weiblicheren“ Kammerversammlung. Die in Pulheim angestellte Zahnärztin (geb. 1988 in Kassel) erzählt über Studium und Standespolitik, über berufliche und standespolitische Perspektiven. Sie hat in Köln von 2009 bis 2016 studiert und ihre Assistenzzeit in Köln-Holweide abgeleistet.

Schon im Studium ehrenamtlich engagiert

„Ich habe mich schon nach einigen Studiensemestern in der Fachschaft engagiert. Die Möglichkeit, sich mit Studenten auch von anderen Unis auszutauschen, fand ich sehr spannend. Da gab es Antworten auf Fragen wie: Was kann man bei uns verbessern, sich von den anderen Universitäten abgucken? Was läuft bei uns besser? In meiner Assistentenzeit habe ich in seiner ehemaligen Praxis in Holweide über den stellvertretenden KZBV-Vorsitzenden Martin Hendges den FVDZ kennengelernt. Ich habe die Einladungen zu den Treffen der Bezirksgruppe gerne angenommen, um dort Kollegen kennenzulernen und zu lernen, wie ehrenamtliche Tätigkeit aussehen kann.“

Erstmals Delegierte in der Kammerversammlung

„Für mich war klar, dass ich mich in der Selbstverwaltung einbringen möchte. Die Kammerwahl stand an. Der Freie Verband hatte sich entschieden, die Fraktion zu verjüngen und frischen Wind in die Versammlung zu bringen. Da war ich sehr motiviert, mich zu beteiligen. Dank des sehr guten Ergebnisses unserer Kölner Liste war ich am Samstag (8. Februar 2020; die Red.) zum ersten Mal als Delegierte bei einer Kammerversammlung dabei.“

Am besten ohne Frauenquote!

„Ich finde es schwierig, über eine Frauenquote eventuell Personen ins Amt bringen zu müssen, die nur halb motiviert sind. Eine Quote macht allenfalls dann Sinn, wenn genügend Frauen da sind, die die Voraussetzungen erfüllen. Ich fände es gut, wenn sich mehr Frauen die Zeit nehmen könnten oder würden, sich bei uns zu engagieren – ganz ohne Quote.“

Anstellung oder Selbstständigkeit?

„Ich finde, jede Kollegin muss selbst entscheiden, ob sie sich niederlassen will. Persönlich bin ich – zumindest noch – nicht der Typ, der sich gerne über ganz lange Zeiträume an einen bestimmten Ort bindet. Daher weiß ich für mich selbst noch nicht, ob ich in Zukunft selbstständig tätig sein möchte. Ich scheue etwa den bürokratischen Aufwand, der es für kleine Praxen immer schwieriger macht. Darum sollte man meine jungen Kolleginnen und Kollegen und mich verstehen, wenn wir etwas vorsichtiger sind als die vorangehende Generation. Ich möchte erst einmal gucken, was da auf mich zukommt, wie viel Arbeitsaufwand, wie viel Bürokratie und anderes. Auch als Angestellte halte ich es aber für sehr wichtig, dass die selbstständige freiberufliche Basis unseres Zahnarztberufs erhalten bleibt. In meiner jetzigen Tätigkeit habe ich auch aus Interesse einiges mit Dingen wie QM zu tun. Dadurch, dass ich sehr selbstständig arbeiten kann, lerne ich in der Anstellung durch erfahrene Kollegen sehr vieles, was ich später bei einer eventuellen Berufsausübung in eigener Praxis gebrauchen kann.“

Zahnarztberuf macht Spaß

„Ich finde meinen Beruf sehr schön, aber das Studium würde ich mir nur ungern noch einmal ‚antun‘. Zunächst wollte ich übrigens von der Zahnmedizin in die Humanmedizin wechseln, habe dann aber rasch Gefallen an der Zahnmedizin gefunden. Gerade der handwerkliche Aspekt macht mir sehr viel Spaß.

Ich finde, es muss sich an den Universitäten etwas tun; teilweise gibt es kein angenehmes Lernklima. Wir haben auch wenig gelernt, was die Führung einer eigenen Praxis angeht. Die Berufskunde war zu früh angesetzt. Im sechsten Semester ist man noch gar nicht damit befasst, wie es nach dem Examen weitergeht. Schade dennoch, dass man nicht ein bisschen mehr zum wirtschaftlichen Aspekt der Praxisführung usw. erfahren hat. Nach dem Studium steht man deshalb etwas ratlos da.“

Hilfestellungen durch Zahnärztekammer und KZV

„Die Zahnarztpraxis der Zukunft, an der sich die Zahnärztekammer stark beteiligt, ist eine super Idee. Das Konzept gefällt mir sehr gut! Da kann man testen, ob das für einen etwas ist. Im Studium kämen allzu viele detaillierte Informationen zu dem Thema aber zu früh. Gerade deshalb sind Veranstaltungen für junge Zahnärzte, wie sie Kammer und KZV durchführen, äußerst sinnvoll. Famulaturen, wie es sie in Westfalen gibt, können ebenfalls nützlich sein.“

Mehr Engagement der jungen Kollegen

„Ich möchte den jungen Kollegen Mut machen, sich bei uns im FVDZ und in der Selbstverwaltung zu engagieren. Ich glaube, viele trauen sich nicht, weil sie Angst haben, nicht offen empfangen zu werden. Meine Erfahrung ist ganz im Gegenteil, dass man dankbar ist für jeden, der sich engagieren möchte, und dass man ganz viele Möglichkeiten geboten bekommt. Mir wurde in der Bezirksgruppe mit unglaublicher Offenheit begegnet. Traut euch; geht mal hin und guckt euch das an! Der Zeitaufwand ist überschaubar. Er bleibt in einem gut machbaren Rahmen. Grundsätzlich bin ich gerne bereit, mich auch noch mehr im Ehrenamt einzubringen. Ich stehe natürlich noch am Anfang und lasse Weiteres erst einmal auf mich zukommen!“

Interview Dr. Uwe Neddermeyer, KZV Nordrhein

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