Gemeinsam gründen – aber richtig!
Der Schritt in eine Berufsausübungsgemeinschaft sollte wohlüberlegt und gut vorbereitet sein – sie erfordert klare Absprachen, rechtliche Sorgfalt und gemeinsame Ziele, um dauerhaft erfolgreich zu sein.

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Warum der Weg in die Berufsausübungsgemeinschaft gut vorbereitet sein sollte:
Die Idee klingt charmant: Zwei oder mehrere Zahnärztinnen oder Zahnärzte, die sich gut verstehen, bündeln ihre Kräfte, teilen sich Investitionen und Verantwortung – und gründen gemeinsam eine Praxis. Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) sind ein bewährtes Modell, um Synergien zu heben, die finanzielle Last und das Praxismanagement zu teilen und sich so den Alltag in der Praxis zu erleichtern.
Doch so überzeugend die Vorteile sind – die Gründung einer BAG will gut überlegt sein. Denn wenn zentrale Fragen im Vorfeld unberücksichtigt bleiben, kann das spätere Miteinander belastend, ineffizient oder sogar wirtschaftlich riskant werden.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe – oder doch nicht?
Ein Klassiker aus der Praxis: Zwei Zahnärzte schließen sich nach der Assistenzzeit zusammen – ohne eine klare Rollenverteilung zu haben. Anfangs geht alles gut, doch nach einem Jahr fühlt sich einer zunehmend wie „der Juniorpartner“, obwohl beide formal gleichberechtigt sind. Der andere trifft die Entscheidungen, bestimmt Fortbildungen, führt das Team. Es war nie böser Wille im Spiel – aber es wurde schlicht nie bewusst besprochen, wie Entscheidungen in der Praxis getroffen werden sollen.
Eine BAG bedeutet nicht automatisch Augenhöhe. Und auch wenn sie im Gesellschaftsvertrag juristisch gleichberechtigt angelegt ist, zeigt sich im Alltag oft ein anderes Bild. Umso wichtiger ist es, im Vorfeld gemeinsam darüber zu sprechen, welche Form der Zusammenarbeit sich die Partner wünschen – und welche nicht.
Typische Fallstricke – und wie man ihnen begegnet
Bevor Sie eine BAG gründen, lohnt es sich, einige entscheidende Fragen offen und ehrlich zu besprechen – idealerweise mit einer neutralen Person, die den Prozess strukturiert moderiert. Denn viele Konflikte beginnen dort, wo unausgesprochene Erwartungen auf unterschiedliche Vorstellungen der Kolleginnen treffen.
Diese Themen sollten Sie nicht dem Zufall überlassen:
- Gewinnverteilung:
50:50 klingt fair – ist es aber nicht immer. Was passiert, wenn einer deutlich mehr arbeitet oder Umsatz macht? Gibt es eine flexible Regelung? Wird betriebswirtschaftlich differenziert? - Entscheidungsstrukturen:
Welche Beschlüsse müssen einstimmig, welche mehrheitlich getroffen werden? Wer hat in bestimmten Bereichen die Federführung – etwa beim Personal, bei Investitionen oder beim Marketing? - Unterschiedliche Vorstellungen von Zahnmedizin:
Was bedeutet Qualität für jeden? Wo liegen die Schwerpunkte? Gibt es langfristige Ziele – etwa Spezialisierungen oder Wachstum? - Rollenverteilung im Alltag:
Wer übernimmt was – organisatorisch wie inhaltlich? Gibt es eine gerechte Verteilung von Aufgaben? Wer hat den Hut auf bei Abrechnung, Hygiene, Teambesprechungen und ist Ansprechpartner für die mit diesen Aufgaben betrauten Teammitglieder? - Ausstiegsklauseln:
Was passiert, wenn sich Wege wieder trennen – sei es aus persönlichen, wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Gründen? Wie wird der Praxiswert bemessen, wer darf übernehmen?
Fallbeispiel: Besser vorher erkennen als nachher bereuen
Zwei Zahnärztinnen möchten zusammen eine neue Praxis gründen. Im Gespräch mit einem neutralen Berater wird deutlich: Die eine strebt langfristig eine Spezialisierung an und möchte stark in Marketing investieren – die andere wünscht sich eine kleine, familiäre Praxis mit ruhigem Wachstum. Beide merken schnell: Ihre Strategien sind nicht kompatibel. Die Gründung wird nicht umgesetzt – und beide sind im Nachhinein dankbar, sich diese Erkenntnis vor dem Vertragsabschluss erarbeitet zu haben. Das hat ihnen teures Lehrgeld und viel Ärger erspart.
Vom Gespräch zur schriftlichen Vereinbarung
Das Ziel eines solchen strukturierten Vorprozesses ist nicht nur Klarheit, sondern auch Verbindlichkeit. Was im Gespräch gut klingt, verliert sich im Alltag oft ohne schriftliche Festlegung. Daher empfehlen erfahrene Praxisberaterinnen, das Ergebnis dieser Gespräche in einer „Partnerschaftsvereinbarung“ zu dokumentieren – etwa als Anlage zum Gesellschaftervertrag. Dort können individuelle Regelungen festgehalten werden, die das tägliche Miteinander in der Praxisleitung betreffen – jenseits des juristischen Pflichtprogramms.
Fazit: Keine BAG ohne Basis
Eine BAG kann eine großartige Lösung sein – wirtschaftlich, menschlich und medizinisch. Aber sie lebt von gegenseitigem Vertrauen, klaren Absprachen und wirtschaftlicher Fairness. Nehmen Sie sich die Zeit, um zu prüfen, ob Sie wirklich zusammenpassen. Holen Sie sich eine neutrale Perspektive dazu. Es ist allemal sinnvoller, frühzeitig festzustellen, dass es nicht passt – als später unter großem Aufwand, Ärger und Verlust wieder auseinanderzugehen.
Denn nicht nur gute Zahnmedizin braucht eine akribische Vorbereitung – auch gute Partnerschaft
Dr. Susanne Woitzik
Expertin für betriebswirtschaftliches Praxismanagement, Team- und Persönlichkeitsentwicklung