Der neue KFO-Katalog (4): Ergänzende GOZ-Formulare zum BEMA-Musterformular

In den drei ersten Teilen unserer KFO-Reihe ging es um die Grundlagen der neuen Mehrkostenregelungen und das BEMA-Musterformular (Links siehe unten). Teil 4 behandelt die beiden ergänzenden For­mulare der GOZ im Zusammenspiel mit dem neuen Mehrkos­tenformular.

Erstellt: 20.05.2024

Aktualisiert: 27.06.2025

Zahnarzt passt Frau Zahnspange an
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Beide können im Zusammenhang mit dem neuen BEMA-Mehrkostenformular erforderlich werden. Konkret geht es um die Vereinbarung einer abweichenden Gebührenhöhe nach Paragraf 2, Absatz 1 und 2 GOZ, und die Materialmehr­kostenvereinbarung nach den allgemeinen Bestimmungen des Abschnitt G, Kieferorthopädische Leistungen, der GOZ.

Die Bestimmungen zur Vereinbarung einer abweichenden Gebührenhöhe sind seit vielen Jahren bekannt, da sie bereits mit der GOZ 1988 beschrieben wurden. Die Vorschriften zur Vereinbarung von Materialmehrkosten für Brackets, Bänder, Teilbögen und Vollbögen wurden dagegen vom Verordnungsgeber erst mit der GOZ-Novellierung 2012 neu in die GOZ eingefügtFür beide Vereinbarungen gibt es – anders als beim BEMA-KFO-Mehrkostenformular – in der GOZ kein vorgegebenes Musterformular. Beide Dokumente werden jedoch in der GOZ genau beschrieben. Dabei wird vorgegeben, welche Angaben und Formulierungen in solchen Formularen jeweils enthalten sein müssen beziehungsweise dürfen. Hieraus ergaben sich in der Praxis bewährte Musterformulare, die von den Zahnärztekammern zur Verfügung gestellt werden.

Von der Grundstruktur ähneln sich die beiden Formulare. Das §2-Formular ist eben nur für eine abweichende Gebührenhöhe für zahnärztliche Leistungen anzuwenden, das Abschnitt-G-Formular für Materialmehrkosten bei Brackets, Bändern, Teilbö­gen und Bögen (GOZ 6100, 6120, 6140 und 6150). Gerade das Abschnitt-G-Formular wurde in der

Praxis lange Jahre eher nicht beachtet und nur selten verwendet. Das abgebildete Abschnitt-G-Formular ist als Muster auf der Homepage der Zahnärztekam­mer Nordrhein abrufbar.

Beide Formulare können erforderlich werden, da bei der Mehr­kostenvereinbarung gemäß §29 SGB V nicht nur die BEMA-Bestimmungen zu beachten sind, sondern auch die GOZ-Vorschriften für über die Vertragsleistung hinausgehende Privat­leistungen. Die Vereinbarung einer abweichenden Gebührenhö­he rückte aufgrund des jahrzehntelangen Punktwertstillstandes in der GOZ seit einigen Jahren zwangsläufig in den Vordergrund. Die Beschränkung auf Steigerungsfaktoren gemäß §5 GOZ zwischen dem 1-bis 3,5-fachen Satz hatte vor 20 Jahren sicher noch ihre Berechtigung, aber nicht mehr nach mittlerweile 36 Jah­ren Punktwertstillstand in der GOZ.

Materialmehrkostenverein­barung für nur vier Gebühren

Der Verordnungsgeber beschränkt die Berechnungsfähigkeit von Materialmehr­kosten gemäß den allgemeinen Bestim­mungen des Abschnitts G, Kieferortho­pädie, der GOZ auf Bänder, Brackets, Teilbögen und Vollbögen, da bei den Gebühren für diese vier Leistungen die Kosten von Standardmaterialien, wie z. B. Edel­stahl, in den Gebühren bereits enthalten sind. Bei den übrigen Gebühren des Abschnitts G bzw. bei kieferorthopädischen Leistungen ggf. anfallende Material- und Laborkosten, können gemäß § 9 GOZ separat abgerechnet werden.

GOZ-Punktwertstillstand zwingt zur Abschnitt G-Vereinbarung

Auf den GOZ-Punktwertstillstand muss leider hingewiesen werden, da er gerade auch auf die Kieferorthopädie bei den wichtigen Einzelleistungen, Brackets, Bänder, Teilbögen und Vollbögen großen Einfluss hat. Das unterstreicht nochmals das Erfordernis, bei der Berechnung der Vergütungen für die vier aufgezählten Leistungen, etwaige Materialmehrkosten und Faktoren für die Bemessung der Gebührenhöhe für die zahnärztlichen Leistungen strikt voneinander zu trennen. Die Möglichkeit einer Faktorsteigerung war nie als Ausgleich für Materialmehrkosten gedacht, sondern für die Bemessung der zahnärztlichen Leistung gemäß §5 GOZ, gegebenenfalls in Verbindung mit §2 GOZ.

Es ist daher nicht sachgerecht, Materialeinkaufskosten, die etwa bei individuellen Lingualbrackets besonders hoch sein können, über den Steigerungsfaktor abzubilden. §5 GOZ gibt vor, aus welchem Grund eine zahnärztliche Leistung gesteigert werden kann, und dazu zählt nicht der Materialeinkaufspreis eines Brackets. Diese Grundlagen sollten daher getrennt werden, denn sonst kann es zu hohen Faktoren kommen, die zwar berechtigt sind, aber von Dritten unter Umständen nicht ganz nachvollzogen werden können.

Es empfiehlt sich daher, hohe Materialkosten für die genannten vier Leistungen auf jeden Fall, wie vom Verordnungsgeber vorgesehen, über ein Abschnitt-G-Formular zu vereinbaren, damit auch ein zeitgemäß zutreffender Faktor für die zahnärztliche Leistung gemäß §5 GOZ kalkuliert werden kann.

Vorgehensweise erläutert

Die korrekte komplexe Vorgehensweise wird im Folgenden am praktischen Beispiel zweier elastischer Elastohybrid-Teilbögen aus einer superelastischer Nickel-Titan-Edelstahlkombination beschrieben, um das Zusammenspiel aller drei Formulare dar­zustellen. Die Elastohybrid-Teilbögen dienten in einem besonders schwierigen Fall dem Erhalt von Molaren und der Neubildung eines physiologischen Parodontiums.

zeigt das schematische Design eines konfektionierten Elastohybrid-Teilbogens. Es ist die Aufgabe des Behandelnden, das vorgefertigte Teil so zu verarbeiten, dass es mit seinen entstehenden Drehmomenten und vertikalen Kräften die gewünschten Bewegungen ausführt. Dies rechtfertigt je nach Einzelfall eine entsprechende Faktorsteigerung nach GOZ.

Abb. 1 Schematische Darstellung eines Elastohybrid-Teilbogens

zeigt die Ausgangssituation eines Patienten. Insbesondere die Lage des Zahnes 37 deutet darauf hin, dass es ohne Kieferorthopädie mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Verlust nicht nur von 38, sondern auch von 37 kommen wird. Der Verlust von 37 würde wiederum ein erhebliches PA-Problem distal an 36 verursachen. Bleibt 47 kieferorthopädisch unbehandelt, muss mit einer fortschreitenden vertikalen Taschenbildung an 47 mesial gerechnet werden, die sehr wahrscheinlich auf Dauer auch auf 46 distal übergreifen wird.

Abb. 3 Ausgangsbefund

zeigt den Befund ca. 3,5 Monate nach Freilegung der 7er mit Aufkleben eines Brackets und der Entfernung der unteren Weisheitszähne mit bereits wieder entfernten Elastohybrid-Teilbögen. Die Eingliederung der beiden superelastischen Elastohybrid-Teilbögen zur Einordnung von 37 und 47 erfolgte wenige Tage nach der Freilegung. Die chirurgischen Maßnahmen wurden in einer Universitätszahnklinik nach stationärer Aufnahme durchgeführt, da der Patient zusätzlich unter einer seltenen Form der Bluterkrankheit leidet. Die Freilegung erfolgte im Mai 2023 und die Kontrollaufnahme wurde im September 2023 gefertigt. Die Kontrollaufnahme zeigt sehr schön, wie sich das Parodontium an 36/37 und 46/47 samt Knochen durch Aus­stülpen der vertikalen Taschen infolge der Zahnrotationen durch die kieferorthopädische Behandlung neu gebildet hat.

Abb. 4 Zustand September 2023 (nach 3,5 Monaten Behandlung)

Kostenkalkulation von Elastohybrid-Teilbögen

Im vorliegenden Fall ergibt eine gut vertretbare Kalkulation für einen Elastohybrid-Teilbogen den Faktor 3,6 für die Leistungs­ziffer 6140 GOZ (Teilbogen) beziehungsweise das zahnärztliche Privathonorar in Höhe von 42,52 Euro. Der Faktor 3,6 erfordert eine abweichende Vereinbarung nach §2, Abs.1 und 2 GOZ, da er über 3,5 liegt (s. Abb. 6). Der Materialpreis für einen solchen Elastohybrid-Teilbogen beträgt einschließlich eines zugehöri­gen Kreuzröhrchens zur Befestigung am Hauptbogen etwa 24,38 Euro. Unterschiedliche Lieferanten und Rabatte können zu unterschiedlichen Preisen führen. Der Materialwert eines Standard-Teilbogens aus Edelstahl liegt etwa bei einem Euro. Die Vergütung für die zahnärztliche Leistung eines Vertrags-Teil­bogens, BEMA 127a, beträgt aktuell 25,64 Euro einschließlich Materialkosten. Die BEMA-Gebühr deckt somit gerade mal die Materialeinkaufskosten des Elastohybrid-Teilbogens.

Die Mehrkostenberechnung des Beispiels wird transparent anhand der drei abgebildeten Formulare dargestellt. Viele fach­liche Wege können zum Erfolg führen, der hier abgebildete dau­erte 3,5 Monate und ergibt bei der vorgestellten Berechnung 80,52 Euro Zuzahlung.

Dieses Beispiel zeigt vor allem auch, dass Kieferorthopädie als unverzichtbares Teilgebiet der Zahnmedizin vorwiegend dem Zahnerhalt und der Mundgesundheit dient.

Abb. 2a BEMA-Formular, Seite 1 
Abb. 2b Seite 2 des BEMA-Formulars
Abb. 5 §2-Formular      
 Abb. 6 Abschnitt G-Formulare

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