Digitale Revolution

Größtenteils unbeachtet von den großen Medien vollzieht sich in den Praxen derzeit ein entscheidender Schritt zur umfassenden Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Die Rede ist von der Anbindung der Praxen an eine gesicherte Telematikinfrastruktur zur Übermittlung von Patientendaten. Das Ziel ist die Vernetzung von allen Akteuren des Gesundheitswesens und der Krankenkassen. Die Grundlage für dieses Mammutprojekt wurde schon 2003 durch die Politik mit gesetzlich festgelegtem Plan zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte gesetzt. Es folgten jahrelange kontroverse Diskussionen um Inhalte, Fristen und Sicherheitsstandards, die vor allem die Einführung einer gesicherten Telematikinfrastruktur immer wieder verzögerten. Es wurden Kosten in Milliardenhöhe verursacht. (Ein Vergleich mit dem Hauptstadtflughafen BER liegt nahe.)

Dieser Prozess wurde von den Zahnärzten kritisch begleitet und sinnvoll mitgestaltet. Auch die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) sind Gesellschafter der Gematik, die mit dem Aufbau, Betrieb und der Zulassung der einzelnen Komponenten betraut wurde. 

Die erforderlichen Komponenten zur funktionierenden Durchführung der Telematikinfrastruktur (TI) wurden Mitte 2017 von der Gematik für den Regelbetrieb bundesweit freigegeben, nachdem diese in Nordrhein umfänglich in 500 Pilotpraxen im Wirkbetrieb erfolgreich getestet und zertifiziert wurden.

Das Herzstück der Verbindung auf Praxisseite besteht aus folgenden vier Komponenten: einem sogenannten Konnektor (1. Komponente), der eine sichere Verbindung, den „VPN-Tunnel“ über einen Zugangsdienst aufbaut (2. Komponente). Über diese Verbindung kann nun das Kartenlesegerät (3. Komponente) online direkt mit den Krankenkassen kommunizieren. Damit dies auch sicher ist, werden der Konnektor und das Kartenlesegerät werksseitig mit der Praxis „verheiratet“. Die Praxis identifiziert sich dann mit einer SMC-B Karte (Security Module Card Typ B - 4. Komponente) ähnlich der SIM-Card des Handys.

Als Grundlage benötigt die Praxis natürlich eine ausreichende EDV + Netzwerkstruktur sowie einen schnellen Internetzugang und eine kompatible Praxisverwaltungssoftware (PVS).

Mit diesen Komponenten ist es nun möglich, tagesaktuell und unmittelbar zu prüfen, ob das Versichertenverhältnis noch gültig ist. Mit diesem VersichertenStammDatenManagement (VDSM) soll der Kartenmissbrauch weiter eingedämmt werden und auch Anschriftenwechsel frühzeitig registriert werden.

Das hört sich nach viel Aufwand für wenig Anwendung an. Hier sind nun jedoch die Grundlagen geschaffen worden, um das Angebot des Gesundheitsdatentransfers zukünftig noch weiter ausbauen zu können, z.B. mit Notfalldaten, der elektronischen Patientenakte, zum Austausch von Röntgenbildern, für Telemedizinische Leistungen u.v.m. Diese Punkte werden in den nächsten Jahren sukzessive hinzugefügt und hinterlassen tiefe Spuren in unserer Tätigkeit. In einigen medizinischen Bereichen werden sich durch diese Digitalisierung und die schnelle Übermittlung von Patientendaten die Aufgabenfelder verändern. Auch ohne viel Fantasie lassen sich sowohl positive als auch negative Szenarien beschreiben.

Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die sich entwickelnden und sich verändernden Rahmenbedingungen transparent zu machen und Kollegen in den politisch vorgeschriebenen Umsetzungsauflagen Unterstützung zu bieten. Eventuell belastende Folgen für die Praxisabläufe sollen abgewendet bzw. gering gehalten werden. Es ist das Ziel, für alle Kolleginnen und Kollegen pragmatische Lösungen zu entwickeln. Das Wichtigste ist wohl eine Kompetenz im Umgang mit den digitalen Medien zu entwickeln und zu fördern.

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