Der neue KFO-Katalog – Teil 3: Das vereinbarte Musterformular

 

 

Nach Vorstellung der Entstehung der neuen Mehrkostenregelung KFO in Teil 1 und Erläuterung der Begriffe und formalen Grundlagen in Teil 2 (Links siehe unten) informiert der dritte Teil der Reihe zum neuen Katalog der MZA-Leistungen über Verpflichtung zur und Umfang der vorgeschriebenen Aufklärung des Patienten. Schritt für Schritt wird außerdem der Umgang mit dem verbindlichen Musterformular der Patientenvereinbarung erläutert.

 

 

 

In § 29 Abs. 7 SGB V normiert der Gesetzgeber, dass der Versicherte vor Beginn einer KFO-Behandlung über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen aufzuklären ist. Zudem muss eine schriftliche oder elektronische Vereinbarung zwischen Zahnarzt und Versichertem getroffen werden, in der die von der Krankenkasse zu tragenden Kostenanteile und die vom Versicherten zu tragenden Kostenanteile, aufgeschlüsselt nach Leistungen, gegenüberzustellen sind. Des Weiteren muss mit der aufgeschlüsselten Leistungsvereinbarung eine schriftliche oder elektronische Erklärung verknüpft werden, in der vom Versicherten und dem behandelnden Zahnarzt erklärt wird, dass der Versicherte über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen einschließlich einer zuzahlungsfreien Behandlung auf der Grundlage des BEMA aufgeklärt worden ist.

Gleichzeitig wurden die Bundesmantelvertragspartner verpflichtet, darüber verbindliche Formularvordrucke zu vereinbaren. Das entsprechend vereinbarte, oben abgebildete Formular ist seit dem 1. Juli 2023 rechtsverbindlich und darf seit dem 1. Oktober 2023 ausschließlich verwendet werden. Die zugelassenen Abrechnungsprogramme stellen folgerichtig seitdem das vereinbarte Formular zur Verfügung.

Der Gesetzgeber hat mit den Neuregelungen für die kieferorthopädische Behandlung die Breite des Angebots an ästhetischen und komfortablen Behandlungsalternativen in Übereinstimmung mit den durch das Patientenrechtegesetz geschaffenen Wahlmöglichkeiten der Versicherten, verbunden mit entsprechenden Aufklärungs- und Dokumentationspflichten, anerkannt.

 

Die Struktur des neuen Formulars:

Die Bundesmantelvertragspartner haben in Umsetzung des gesetzlichen Auftrags ein Schriftstück entwickelt, das die Kostenübersicht der Leistungsvereinbarung und die dazugehörige Bestätigung der vorgeschriebenen Aufklärung auf der ersten Seite zusammenfasst und die gesetzlich geforderte umfängliche Transparenz durch den Anhang ab Seite 2 gewährleistet. Die einzelnen MZA-Leistungen (Mehr-, Zusatz- und Andere Privatleistungen) werden dabei den Kassenleistungen gegenübergestellt. Das Formular wurde entsprechend verlängerungsfähig programmiert, damit sich bei umfangreichen Vereinbarungen weitere Seiten anschließen können.

 

Seite 1 des neuen Formulars:

 

In der Kopfzeile des neuen Formulars ist vom Vertragszahnarzt anzugeben, ob es sich um eine Erst- oder um eine Folgevereinbarung handelt. Jede Vereinbarung ist mit einer fortlaufenden Nummer versehen. Diese Regelung schafft Flexibilität. Es bleibt in der Praxis den Vereinbarungspartnern überlassen, ob sie bereits vor Beginn der Behandlung eine umfangreiche Vereinbarung mit Wirkung weit in die Zukunft vereinbaren wollen oder ob sie erst vor einer jeweiligen Leistungserbringung, z. B. bei Eingliederung einer festsitzenden Keramikbracket-Apparatur, eine entsprechende Vereinbarung treffen wollen. Auch gibt es gute Gründe für Folgevereinbarungen im Laufe einer meist langjährigen Behandlung.

Natürlich gilt die Vereinbarungsnummer nur bezogen auf die jeweilige unterzeichnende zahnärztliche Einrichtung. Wechselt ein Patient z. B. nach Wohnortwechsel die behandelnde zahnärztliche Einrichtung, so sind eine neue Erst- und gegebenenfalls entsprechend neue Folgevereinbarungen mit neuen Vereinbarungsnummern zu treffen. Bei der möglichen Gestaltung von pauschalen Ratenzahlungsvereinbarungen für sogenannte Leistungspakete, die in der Praxis ergänzend zu einer Grundlagenvereinbarung gemäß dem neuen Formular gelegentlich angeboten werden, ist strikt zu beachten, dass es für den Fall eines Wechsels der behandelnden zahnärztlichen Einrichtung nicht zu Überzahlungen von Beträgen kommen darf, die nicht bereits durch erbrachte Leistungen gedeckt sind. Daher empfiehlt es sich bei praxisindividuellen Überlegungen, eventuell eine entsprechende Rechtsberatung einzuholen. In allen Fällen sind grundsätzlich zuallererst die Bestimmungen des SGB V und der GOZ unbedingt einzuhalten. Beispielhaft sei dazu erwähnt, dass es nicht sein darf, dass z. B. ein Versicherter im Voraus durch eine pauschale Ratenzahlungsvereinbarung für einen späteren 3-3-Retainer anteilig Beträge bezahlt, die bei einem späteren Wechsel der behandelnden zahnärztlichen Einrichtung untergehen.

Da in der Kieferorthopädie die Mehrzahl der Patienten Kinder und Jugendliche sind, wird eine Mehr- und Zusatzleistungsvereinbarung gemäß § 29 Abs. 7 SGB V für nicht geschäftsfähige Patienten zwischen Zahlungspflichtigem und Zahnarzt getroffen. Gegebenenfalls kann es in Fällen von unklarem Zahlungspflichtigem, z. B. bei getrenntlebenden Sorgeberechtigten, sinnvoll sein, die Unterschrift beider Elternteile einzuholen. Auch dann kann bei geplanten praxisindividuellen Verfahrensweisen zur Handhabung von derartigen Sonderfällen eine vorherige Rechtsberatung sinnvoll sein.

Der Inhalt des Aufklärungsabsatzes vor der Unterschriftenzeile auf Seite 1 hat in der Kollegenschaft zu unterschiedlichen Kommentaren geführt. Es versteht sich aber von selbst, dass in den Verhandlungen zwischen den Bundesmantelvertragspartnern immer die Interessen beider Seiten berücksichtigt werden. Grundsätzlich hat jeder Versicherte Anspruch auf eine zuzahlungsfreie Vertragsbehandlung, die immer dem Stand der zahnärztlichen Wissenschaft zu entsprechen hat. Nur von diesem unveräußerlichen Grundprinzip konnten sich die Bundesmantelvertragspartner bei ihren Verhandlungen leiten lassen.

Klar ist in diesem Sachzusammenhang aber auch, dass viele Wege zu einem vertraglichen Behandlungsziel führen. Der vertragliche Leistungskatalog kann auch nicht jedem individuellen Wunsch eines Patienten gemäß dessen Vorstellungen zur Ästhetik und zum Komfort von Behandlungsapparaturen und zur Behandlungsdurchführung entsprechen. Um entsprechende Lücken im individuellen Wunschdenken von Patienten möglicherweise, aber medizinisch nicht notwendigerweise, schließen zu können, wurden die Neuregelungen partnerschaftlich zwischen den Bundesmantelvertragspartnern nach den gesetzlichen Vorgaben verhandelt.

 

Seite 2 des neuen Formulars, Anhang mit Kostenaufstellung:

Zur eindeutigen Zuordnung des nicht zu unterschreibenden Anhangs der auf der ersten Seite zu unterzeichnenden Vereinbarung ist auf Seite 2 ebenfalls die Vereinbarungsnummer ausgewiesen.

Für die Patienten werden in den „Erläuterungen zur Tabelle“ die privaten MZA-Leistungen mit Kostenzuordnung kurz erläutert. Ebenso wird darauf verwiesen, dass sich die einzelnen Kostenanteile aufgrund von Aktualisierungen der Vergütungen für zahnärztliche Leistungen und der Preise für Materialien und Laborleistungen ändern können. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich der GOZ-Punktwert in den nächsten Jahrzehnten als variable Bezugsgröße erhöht, denn die abzugsfähigen BEMA-Vergütungen erhöhen sich demgegenüber regelmäßig, was bei frühen Festlegungen von Kosten für Mehrleistungen zu reduzierten Vergütungen führen kann. Insofern kann es zweckmäßig sein, Vereinbarungen erst zeitnah zur Leistungserbringung zu treffen.

In der Tabelle selbst sind in den sechs Spalten zu den privatzahnärztlichen Leistungen nach GOZ/GOÄ die entsprechenden Details ausgewiesen. In der ersten Spalte ist die Art der Leistung (M, Z, oder A) einzutragen. In Spalte 2 folgt die GOZ-Leistungsziffer, die in Spalte 3 gemäß der offiziellen GOZ-Formulierung textlich automatisch vom Programm beschrieben wird. Die Tabellenprogrammierung lässt es zu, Zwischenüberschriften einzupflegen. So kann beispielsweise zur Transparenz bei der Leistungsziffer 6100, Klebebracket, als differenzierende Zwischenüberschrift Keramikbracket ausgewiesen werden. So versteht jeder Zahlungspflichtige, warum ein Klebebracket sich im Preis von einem Edelstahlbracket unterscheidet. In Spalte 4 ist der GOZ-Faktor anzugeben, in Spalte 5 die vorgesehene Zahl der jeweiligen Leistung(en) und in Spalte 6 der sich nach GOZ ergebende Betrag der vorgesehenen MZA-Leistung(en).

Demgegenüber werden die vertraglichen Positionen bzw. die mit der GKV abzurechnenden BEMA-Kostenanteile in den vier Spalten 5 bis 10 abgebildet. In Spalte 7 ist die BEMA-Nr. anzugeben, in Spalte 8 deren offizieller Leistungstext, in Spalte 9 die zur Privatleistung korrespondierende Zahl der Vertragsleistungen und in Spalte 10 der von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragende und über die KZV abzurechnende Betrag der Vertragsleistung(en). Durch Subtraktion des BEMA-Betrags vom GOZ/GOÄ-Betrag errechnet sich dann in Spalte 11 der Kostenanteil des Versicherten, der am Ende der Tabelle auf Seite 2 oder weiteren Seiten (addiert mit eventuellen privaten Material- und Laborkosten) den vom Versicherten voraussichtlich insgesamt zu zahlenden Betrag ergibt.

 

Perspektive der neuen Vereinbarung:

Die gesetzlichen Vorgaben und die zwischen den Bundesmantelvertragspartnern verhandelten Ausführungsregelungen werden in Nordrhein seit 1. Oktober 2023 ohne Auffälligkeiten umgesetzt. Im Referat sind bislang keinerlei Beschwerden zu diesen Neuerungen eingegangen. Dies zeigt, dass es dem Vorstandsvorsitzenden der KZBV, Martin Hendges, mit seiner Mannschaft gelungen ist, ein sehr praxistaugliches Verfahren zu etablieren, das von allen Seiten als alltagstauglich akzeptiert wird. Hendges hat im Übrigen mehrfach für die KZBV nachvollziehbar erläutert, dass es in Zeiten stringenter Budgetierung keinen Raum für weitere vertragliche Leistungen geben kann, woraus man schlussfolgern kann, dass es erst bei nachhaltig geänderten Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren zu Überprüfungen und Justierungen des kieferorthopädischen vertraglichen Leistungskatalogs und des Katalogs der Mehr- und Zusatzleistungen kommen kann.

Der Bewertungsausschuss für zahnärztliche Leistungen hat jedenfalls in seinem Beschluss vom 24. März 2023 die Absicht festgehalten, die Auswirkungen der neuen Regelungen in der Versorgung zu beobachten und gegebenenfalls erneut über den Katalog kieferorthopädischer Mehrleistungen und Zusatzleistungen zu beraten. Auch im Hinblick darauf ist es sehr hilfreich, wenn sich die Kollegenschaft in Nordrhein weiterhin wie bisher so geräuschlos an die neuen Vorgaben hält. Auch aus anderen Bundesländern sind dem Referat keine Probleme mit den Neuregelungen bekannt. Das zarte Pflänzlein der kieferorthopädischen Mehrkostenregelung wird offensichtlich ganz im Sinne aller Beteiligten im Berufsalltag angemessen gehegt und gepflegt.

Dr. Karl Reck, KFO-Referent der KZV Nordrhein

 

 

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