Tipps für die Niederlassung (3): Wenn ich das schaffe, schaffen es andere auch

Neben vielen Formalien, die eine Niederlassung leider mit sich bringt, gibt es auch weitere Aspekte, die nicht immer auf den ersten Blick erkennbar sind wie Mitarbeiterführung. Oder es gibt Themen, bei denen man eher vorab mit Kollegen sprechen würde, etwa bei der Frage nach der finanziellen Belastung bei einer Praxisgründung. Wir haben mit sechs jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten gesprochen und sie nach ihren Erfahrungen gefragt. In Teil 3 sprechen wir mit Stefan Piepiorka.


Herr Piepiorka, seit wann sind Sie in welcher Form niedergelassen tätig?

Ich habe 2011 die Einzelpraxis meines Vaters in Pulheim übernommen.


Warum haben Sie sich niedergelassen?

Ich habe mich niedergelassen, weil ich mein eigenes Arbeitsumfeld gestalten wollte und seien wir ehrlich: Günstigere Voraussetzungen hätte ich nicht antreffen können.


Bei so einer Praxisgründung steht man ja oft wie „Ochs vorm Berg“ und muss sich – ähnlich wie beim Hauskauf – mit Banken, Krediten und vielen Formalien herumschlagen. Der vor einem liegende Berg wirkt oft riesig. Wie kann ich das Thema am besten angehen?

Wenn der Wunsch da ist, sich niederzulassen, sollte man sich früh einen unabhängigen Berater suchen, mit dem man einen Finanzplan erstellt. Denn schon bei der Finanzierung gibt es unterschiedliche Typen: Will ich eine gleichbleibende Rate zur Planungssicherheit oder will ich erstmal eine höhere Rate, die sich später verringern kann. Das muss man individuell für sich entscheiden und durchspielen. Ich hatte beispielsweise eine gleichbleibende Rate.


Wie hoch ist der ungefähre finanzielle Aufwand für eine eigene Praxis?

Das kommt drauf an, ob man die Praxis komplett neu gründen oder eine vorhandene übernehmen möchte oder kann. Laut der zuletzt erhobenen Zahlen des Instituts der Deutschen Zahnärzte InvestMonitor Zahnarztpraxis 2019) kostet eine Neugründung einer Einzelpraxis im Schnitt 557.000 Euro, die Übernahme hingegen nur 410.000 Euro. Bei einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) sieht es nochmal anders aus: Hier liegt die Neugründung bei 511.000 Euro, die Übernahme bei 341.000 Euro und der Beitritt/Einstieg bei 321.000 Euro. Je nach Ort und Lage variieren diese Zahlen natürlich. Auf dem Land sind Praxen meistens etwas günstiger, als in der Stadt. Aber hierbei gilt auch: Den Berater miteinbeziehen und die Wertanalyse sowie die Kreditangebote vergleichen.


Bei diesen Zahlen fragt man sich: Kann ich das jemals abbezahlen?

Ja, auf jeden Fall. Das ist, wie bei einem Hauskauf, eine Investition in die eigene Zukunft. Aber dennoch sollte man nicht blauäugig daran gehen. Es geht um viel Geld. Daher gebe ich gern den Tipp: Lieber mit ein wenig Luft planen, denn es wird tendenziell teurer. Dabei ist aber wichtig zu wissen: In der Gründungszeit bekommt man andere und bessere Konditionen, als wenn man später nachschießen muss. Anders als beim Hauskauf, sollte man überlegen, ob man die Praxis vollfinanziert, da diese Kredite gegebenenfalls steuerlich anrechenbar sind – die für das Eigenheim in der Regel nicht.


Was verdiene ich denn in der Praxis, wenn ich den Schritt gewagt habe?

Als selbstständig tätiger Zahnarzt hatte man im Jahr 2021 laut dem aktuellen KZBV-Jahrbuch 170.000 Euro Einnahmen-Überschuss (Median). Nach Abzug der Steuern sind es rund 100.000 Euro im Jahr. Davon kann man gut leben und alles abbezahlen.


Wie sicher kann ich mir sein, dass meine Praxis wirtschaftlich gut laufen wird?

Banken freuen sich, wenn man einen Kredit anfragt. Das ist ein Hinweis darauf, dass eine Praxisgründung eine recht sichere Kiste ist. Dass eine Praxis vor die Wand fährt, ist höchst selten und hat kaum damit zu tun, dass das Geld nicht reinkommt, sondern eher mit Schicksalsschlägen oder Erkrankungen.


Und was sollte ich sonst vor der Praxisgründung beachten?

Auch wenn es unromantisch klingt: Man sollte bei einer Praxisgründung auch an einen Ehevertrag denken, da es um die eigene finanzielle Existenz geht. Was viele auch vergessen: Bei den Steuern kann es passieren, dass das Finanzamt eine Vorauszahlung haben möchte und dann noch eine Nachzahlung erfolgt. Daher sollte man immer ein kleines Polster haben. Ebenso kann es passieren, dass ggf. eine Behandlungseinheit den Geist aufgibt oder dass Privatpatienten die Rechnung oder GKV-Patienten den Eigenanteil nicht zahlen. Daher kann es sinnvoll sein, eine sogenannte Factoring-Firma einzubinden, die zwar pro Rechnung Geld nimmt, aber für solche Ausfälle einspringt und dann das Geld vom Patienten einfordert.


Haben Sie noch einen abschließenden Rat?

Stammtische besuchen! Hier bekommt man Rat und gute Tipps aus persönlichen Erfahrungen und kann dadurch vielleicht Fehler bereits im Vorfeld vermeiden. Und: Wenn jemand sauber arbeitet, sauber kalkuliert, freundlich zu den Patienten und seinem Team ist, den Mitarbeitern gute Gehälter zahlt und die Motivation in der Praxis fördert, dann kommt man mit dem Geld aus, hat einen schönen erfüllenden und zukunftssicheren Beruf – und wenn ich das schaffe, schaffen es andere auch.


ZA Stefan Pipiorka © Overhoff

Marscha Edmonds, KZV Nordrhein

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